Umgekehrt wird also ein Redner, der sich als solcher zeigt, der umsichtig, ernsthaft und aus Wohlwollen für die Sache herausspricht, das rechte Vertrauen haben, d. h. er wird selbst in seinem λόγος eine πιοτις sein.11
Die beiden Momente der φρόνησις und ἀρετή hat Aristoteles in der »Rhetorik« schon im 9. Kapitel des 1. Buches behandelt.12 Das dritte Moment, die εὔνοια, betrachtet er im Zusammenhang der Analyse der πάθη.
c) Das πάθος als πίστεις
Das πάθος, das zweite Moment, das für die πίστις in Frage kommt, wird von Aristoteles ausführlich in den nachfolgenden Kapiteln des 2. Buches behandelt. Der Ausdruck πάθος ist ein sehr vielfältiger Ausdruck, der zugleich innerhalb der aristotelischen Philosophie fundamentale Bedeutung hat. Wir können von drei Grundbedeutungen dieses Ausdrucks und demnach von drei Sachzusammenhängen, die er bezeichnet, reden: 1. die durchschnittliche, nächste Bedeutung besagt »veränderliche Beschaffenheit«; 2. eine spezifisch ontologische Bedeutung, die wichtig ist beim Verständnis der κίνησις: πάθος im Zusammenhang mit πάσχειν, was man meistens mit »Leiden« übersetzt; 5. eine zugespitzte Bedeutung: veränderliche Beschaffenheit in Beziehung auf einen bestimmten Sachzusammenhang, veränderliche Beschaffenheit in einem bestimmten Seinsgebiet des Lebens: »Leidenschaft«. In dieser letzten Bedeutung ist πάθος Thema der »Rhetorik« und Poetik«.
Wir vergegenwärtigen uns zunächst die letzte Bedeutung und zugleich den rechten Zusammenhang, in dem das mit πάθος bezeichnete Phänomen diskutiert wird. Der Zusammenhang wird sichtbar im 4. Kapitel des 2. Buches der »Nikomachischen Ethik«. Mit diesem Kapitel beginnt Aristoteles die Untersuchung
11 Rhet. B 1, 1378 a 15 sq.: ἀνάγκη ἄρα τὸν ἅπαντα δοκοῦντα ταῦτ᾽ ἔχειν εἶναι τοῖς ἀκροωμένοις πιστόν.
12 Vgl. Rhet. A 9, 1366 a 23 sqq.