quod soli oculi sentire possunt, wir sagen aber auch nicht allein: sieh, wie das leuchtet, was die Augen allein vernehmen können, sed et.iam, vide quid sonet; vide quid oleat, vide quid sapiat, vide quam durum sit. Wir sagen auch: sieh, wie das klingt, sieh, wie das duftet, sieh, wie das schmeckt, sieh, wie hart das ist. Ideoque generalis experientia sensuum concupiscentia sicut dictum est oculorum vocatur, quia videndi officium in quo primatum oculi tenent, etiam ceteri sensus sibi de similitudine usurpant, cum aliquid cognitionis explorant. Daher wird die Erfahrung der Sinne überhaupt als ›Augenlust‹ bezeichnet, weil auch die anderen Sinne aus einer gewissen Ähnlichkeit her sich die Leistung des Sehens aneignen, wenn es um ein Erkennen geht, in welcher Leistung die Augen den Vorrang haben. Die anderen Sinne eignen sich gewissermaßen diese Vollzugsart des Vernehmens an, sofern es sich um eine cognitio, um ein Erfassen von etwas, handelt. Deutlich wird hier, daß das Sehen einen Vorrang hat innerhalb des Vernehmens, und daß deshalb der Sinn von Sehen nicht etwa einzig auf das Vernehmen mit den Augen zugeschnitten ist, sondern das Sehen, wie das ja auch schon bei den Griechen ständig der Fall war, wird identifiziert mit Erfassen von etwas. Eine eigentliche Aufklärung für diesen Vorrang des Sehens und die Seinsbedeutung dieses Vorranges selbst im Dasein hat Augustinus nicht behandelt, obwohl er an dieser Stelle wesentliche Einsichten über die concupiscentia oculorum beibringt.
Schon in der antiken Philosophie finden wir Ähnliches. Die Abhandlung, die in der Sammlung der Schriften des Aristoteles zur Ontologie an erster Stelle steht, beginnt mit dem Satz: πάντες ἄνθρωποι τοῦ εἰδέναι ὀρέγονται φύσει.3 Im Sein des Menschen Hegt wesenhaft die Sorge des Sehens. Aristoteles setzt diesen Satz an den Anfang seiner Metaphysik, wo diese Rede eigentlich verkehrt ist, jedenfalls beginnt eine Einleitungsbetrachtung
3 Aristoteles, Metaphysik Α 1, 980 a 21.