letztes Opfer einer langen Irre und Versäumnis, aber als dieses Opfer das unerkannte Zeugnis für eine neue Notwendigkeit? Liegt es am Sein, daß es so verworren ist, und hängt es am Wort, daß es so leer bleibt, oder liegt es an uns, daß wir bei allem Betreiben und Erjagen des Seienden doch aus dem Sein herausgefallen sind? Und liegt dies gar nicht erst an uns, den Heutigen, auch nicht nur an den nächsten und entfernteren Vorfahren, sondern an dem, was von Anfang an durch die abendländische Geschichte zieht, ein Geschehnis, zu dem alle Augen aller Historiker nie hinreichen werden und das doch geschieht, vormals, heute und künftig? Wie, wenn Solches möglich wäre, daß der Mensch, daß Völker in den größten Umtrieben und Gemächten zum Seienden Bezug haben und dennoch aus dem Sein längst herausgefallen sind, ohne es zu wissen, und daß dieses der innerste und mächtigste Grund ihres Verfalls wäre? [vgl. Sein und Zeit § 38, bes. S. 179 f].
§ 11. Die nähere Bestimmung der Frage: »Wie steht es um
das Sein? 1st Sein nur ein Wortklang oder das
Schicksal des Abendlandes?«
Das sind Fragen, die wir hier nicht beiläufig und gar fürs Gemüt und die Weltanschauung stellen, sondern Fragen, in die uns jene aus der Hauptfrage notwendig entsprungene Vorfrage zwingt: »Wie steht es um das Sein?« — eine nüchterne Frage vielleicht, aber gewiß auch eine sehr nutzlose Frage. Aber doch eine Frage, die Frage: »Ist das ›Sein‹ ein bloßes Wort und seine Bedeutung ein Dunst oder das geistige Schicksal des Abendlandes?«
Dieses Europa, in heilloser Verblendung immer auf dem Sprunge, sich selbst zu erdolchen, liegt heute in der großen Zange zwischen Rußland auf der einen und Amerika auf der anderen Seite. Rußland und Amerika sind beide, metaphysisch gesehen, dasselbe; dieselbe trostlose Raserei der entfesselten