II. DIE URSPRUNGLICHEN SEINSCHARAKTERE DES DASEINS1
Die Vorzeichnung des Weges, auf dem die Zeit für die Untersuchung zugänglich gemacht werden soll, kann durch die Erinnerung an zwei Tatsachen gewonnen werden.
1. Das menschliche Leben ist in seinem alltäglichsten Tun und Lassen nach der Zeit orientiert. Es tragt in sich selbst eine zeitliche Regelung. Es hat seine Zeit der Arbeit, des Essens, der Erholung und Zerstreuung. Die Regelung der Zeit ist eine feste und öffentliche im Kalender, Fahrplan, Stundenplan, als Polizeistunde, Achtstundentag. Die Ereignisse in der Umwelt und die Vorgange der Natur sind »in der Zeit«.
2. Sofern das menschliche Leben als forschendes der Zeit selbst nachgeht, um zu erkunden, was sie sei, sieht es sich auf die »Seele« und den »Geist« verwiesen. Das Fragen bleibt dabei stehen, ob diese am Ende »die Zeit« seien. Die beiden grundlegenden Abhandlungen
1 Die Methode der Untersuchung ist phänomenologisch. Phänomenologie ist das, was in Husserls Logischen Untersuchungen (1900/01) erstmals zum Durchbruch kam. Diese »Definition« möchte darauf hindeuten, daß Phänomenologie nur aus der Einübung an Hand dieses Grundbuches verstanden werden kann. Phänomenologie ist aber so wenig eine »Technik«, daß sie gerade verlangt, die Untersuchungsart jeweils aus den Sachen selbst sieh vorgeben zu lassen. Das Verständnis dafür dankt der Verfasser weniger dem Buch als der eindringlichen persönlichen Leitung durch Husserl selbst, der den Verfasser wahrend seiner Freiburger Lehrjahre durch vielfache Belehrung und freieste Überlassung unveröffentlichter Untersuchungen mit den verschiedensten Sachgebieten phänomenologischer Forschung vertraut machte.
Die Schwerfälligkeit der Formulierungen in der nachstehenden Abhandlung hat zum Teil ihren Grund in der Untersuchungsart. Ein anderes ist es, über Seiendes erzählend zu berichten, ein anderes, das Sciende in seinem Sein zu fassen. Es fehlen oft nicht nur die Worte, sondern vor aHem die Grammatik. Die Sprache hat die primäre Tendenz, das Seiende anzusprechen und auszudrücken, nicht über sein Sein Aufschluß zu geben(1)
(1) Platon Aristoteles