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XXI Zu Nietzsches Wahrheitifrage

Ob das möglich ist, wenn »Wahrheit« und ihr Wesen uns nichts mehr angeht, wenn wir uns einfach auf die eine oder andere Seite irgend eines Angebotes von »Glauben« und »Weltanschauung« schlagen und daneben beanspruchen, die Völker zu erneuern und Europa zu retten.

4. Also muß gefragt werden, wie es mit dem Wesen der Wahrheit steht und wie dieses erfahrbar und wißbar sein kann. Was das für eine Frage ist — die Wahrheitifrage.

5. Diese Frage — nach der Wesung der Wahrheit — entwickeln als Vorfrage in der Grundfrage für die Leitfrage. Der innerste Grund und die bewegendste Not — weshalb wir die Wahrheitsfrage stellen müssen — unbeschadet dessen, ob wir Wahres »besitzen«, ja gerade dann, wenn wir dahin unterwegs sein sollen.



281. »Wissenschaft« und Wissen


»Wissenschaft« heute — positivistisch — science — auf dem Wege zur »Technik« eine Art des Vorgehens in einzelnen Gebieten zu bestimmten Zwecken. Dabei noch schwach — moralisch-asketische Bedeutung und» Wahrheits«-Wille. Aber dieses nur noch am Rand.

Dagegen: Hegel und früher — absolute Wissenschaft; scientia ratio; Kant: Läuterung — Descartes: Gewißheit. Mittelalter: scientia.

Ἐπιστήμη — φρόνησις — νοῦς Vernunft — Wissen — Wahrheit Seiendes als solches.

Denken und Sein — abendländische Metaphysik. Metaphysik dieser Art das Wesen der Grundstellung bestimmend; metaphysica generalis vorbereitend —specialis eigentlich das Besondere, das entscheidende Seiende; (Noumenalis) platonisch. Nur noch als Fragebegriff — Meta-physik, (nicht am Wort kleben!).




Martin Heidegger (GA 87) Nietzsche - Seminare 1937 und 1944