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§ 40. Grundbefindlichkeit der Angst

des In-Seins wurde dann konkreter sichtbar gemacht durch die alltägliche Öffentlichkeit des Man, das die beruhigte Selbstsicherheit, das selbstverständliche »Zuhause-sein« in die durchschnittliche [189] Alltäglichkeit des Daseins bringt.2 Die Angst dagegen holt das Dasein aus seinem verfallenden Aufgehen in der »Welt« zurück. Die alltägliche Vertrautheit bricht in sich zusammen. Das Dasein ist vereinzelt, das jedoch als In-der-Welt-sein. Das In-Sein kommt in den existenzialen »Modus« des Un-zuhause. Nichts anderes meint die Rede von der »Unheimlichkeit«.

Nunmehr wird phänomenal sichtbar, wovor das Verfallen als Flucht flieht. Nicht vor innerweltlichem Seienden, sondern gerade zu diesem als dem Seienden, dabei das Besorgen, verloren in das Man, in beruhigter Vertrautheit sich aufhalten kann. Die verfallende Flucht in das Zuhause der Öffentlichkeit ist Flucht vor dem Unzuhause, das heißt der Unheimlichkeit, die im Dasein als geworfenen, ihm selbst in seinem Sein überantworteten In-der-Welt-sein liegt. Diese Unheimlichkeit setzt dem Dasein ständig nach und bedroht, wenngleich unausdrücklich, seine alltägliche Verlorenheit in das Man. Diese Bedrohung kann faktisch zusammengehen mit einer völligen Sicherheit und Unbedürftigkeit des alltäglichen Besorgens. Die Angst kann in den harmlosesten Situationen aufsteigen. Es bedarf auch nicht der Dunkelheit, in der es einem gemeinhin leichter unheimlich wird. Im Dunkeln ist in einer betonten Weise »nichts« zu sehen, obzwar gerade die Welt noch und aufdringlicher »da« ist.

Wenn wir existenzial-ontologisch die Unheimlichkeit des Daseins als die Bedrohung interpretieren, die das Dasein selbst von ihm selbst her trifft, dann wird damit nicht behauptet, die Unheimlichkeit sei in der faktischen Angst auch immer schon in diesem Sinne verstanden. Die alltägliche Art, in der das Dasein die Unheimlichkeit versteht, ist die verfallende,


2 Vgl. § 27, S. 168 ff.


Martin Heidegger (GA 2) Sein und Zeit

GA 2