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Die Sorge als Sein des Daseins

Dann, wenn sich das Erkennen als wahres ausweist. Die Selbstausweisung sichert ihm seine Wahrheit. Im phänomenalen Zusammenhang der Ausweisung muß demnach die Übereinstimmungsbeziehung sichtbar werden.

Es vollziehe Jemand mit dem Rücken gegen die Wand gekehrt die wahre Aussage: »Das Bild an der Wand hängt schief.« Diese Aussage weist sich dadurch aus, daß der Aussagende sich umwendend das schiefhängende Bild an der Wand wahrnimmt. Was wird in dieser Ausweisung ausgewiesen? Welches ist der Sinn der Bewährung der Aussage? Wird etwa eine Übereinstimmung der »Erkenntnis« bzw. des »Erkannten« mit dem Ding an der Wand festgestellt? Ja und nein, je nachdem phänomenal angemessen interpretiert wird, was der Ausdruck »das Erkannte« besagt. Worauf ist der Aussagende, wenn er — das Bild nicht wahrnehmend, sondern »nur vorstellend« - urteilt, bezogen? Etwa auf »Vorstellungen«? Gewiß nicht, wenn Vorstellung hier bedeuten soll: Vorstellen als psychischer Vorgang. Er ist auch nicht auf Vorstellungen bezogen im Sinn des Vorgestellten, sofern damit gemeint wird ein »Bild« von dem realen Ding an der Wand. Vielmehr ist das »nur vorstellende« Aussagen seinem eigensten Sinne nach bezogen auf das reale Bild an der Wand. Dieses ist gemeint und nichts anderes. Jede Interpretation, die hier irgend etwas anderes einschiebt, das im nur vorstellenden Aussagen soll [218] gemeint sein, verfälscht den phänomenalen Tatbestand dessen, worüber ausgesagt wird. Das Aussagen ist ein Sein zum seienden Ding selbst. Und was wird durch die Wahrnehmung ausgewiesen? Nichts anderes als daß es das Seiende selbst ist, das in der Aussage gemeint war. Zur Bewährung kommt, daß das aussagende Sein zum Ausgesagten ein Aufzeigen des Seienden ist, daß es das Seiende, zu dem es ist, entdeckt. Ausgewiesen wird das Entdeckend-sein der Aussage. Dabei bleibt das Erkennen im Ausweisungsvollzug einzig auf das Seiende selbst bezogen. An diesem selbst spielt sich gleichsam die Bewährung ab. Das gemeinte Seiende selbst zeigt sich so, wie es an ihm selbst

GA 2

Martin Heidegger (GA 2) Sein und Zeit