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Anhang

es läßt sich auch nicht gewissen „geistigen“ Kräften zuweisen. Das Mana ist der allgemeinste Seinscharakter, das „Wie“, in dem das Wirkliche alles menschliche Dasein überfällt. Die Ausdrücke „mana“, „wakanda“, „orenda“, „manitu“ sind Interjektionen im unmittelbaren Uberfallensein vom andrängenden Seienden (S. 98 ff., 195 f., 228). [Vgl. auch E. Cassirer, Sprache und Mythos. Studien der Bibliothek Warburg. 1925, S. 52 ff., wo eine noch durchsichtigere Interpretation der ManaVorstellung im Zusammenhang mit dem Problem der Sprache gegeben ist.]

In der ursprünglichen Benommenheit durch das manahaft Wirkliche vollzieht das mythische Dasein die Artikulation der Dimensionen, in denen sich Dasein als solches immer schon bewegt: die Auslegung und „Bestimmung“ von Raum, Zeit und Zahl. Die spezifisch mythische Modalisierung auch dieser „Vorstellungen“ charakterisiert der Verf. in ständiger Abhebung gegen die begriffliche Auslegung, die diese Phänomene in der neuzeitlichen mathematisch-physikalischen Erkenntnis erfahren haben.

Das „Grundgefühl des Heiligen“ und die mit ihm gegebene „Urteilung“ zeichnen sowohl die Gesamtauffassung des Raumes vor, als auch die Art der einzelnen Grenzsetzungen innerhalb seiner. Die ursprüngliche Gliederung des Raumes, in der er überhaupt allererst enthüllt ist, unterscheidet zwei „Bezirke“: einen „heiligen“, ausgezeichneten, entsprechend umhegten, geschützten und einen „gemeinen“, jederzeit jedermann zugänglichen. Der Raum ist aber nie zuvor „an sich“ gegeben, um dann erst mythisch „gedeutet“ zu werden, sondern das mythische Dasein entdeckt „den“ Raum allererst in der genannten Weise. Dabei wird die mythische Raumorientierung überall geleitet durch den Gegensatz von Tag und Nacht, der sich seinerseits primär mythisch bekundet, d. h. in der spezifisch manahaften Mächtigkeit alles Dasein in seinen Bann zwingt. Sofern die dergestalt enthüllte Räumlichkeit überhaupt den möglichen Aufenthalt des Daseins mitbestimmt, kann der Raum und seine


Martin Heidegger (GA 3) Kant und das Problem der Metaphysik