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Die Frage nach der Technik

        sind nicht mehr imstande zu ermessen, was es heißt, daß Platon 
        es wagt, für das, was in allem und jedem west, das Wort εἶδος  zu 
        gebrauchen. Denn εἶδος  bedeutet in der alltäglichen Sprache die 
        Ansicht, die ein sichtbares Ding unserem sinnlichen Auge darbietet. 
        Platon mutet jedoch diesem Wort das ganz Ungewöhnliche zu, 
        Jenes zu benennen, was gerade nicht und niemals mit sinnlichen 
        Augen vernehmbar wird. Aber auch so ist des Ungewöhnlichen 
        noch keineswegs genug. Denn ἰδέα nennt nicht nur das 
        nichtsinnliche Aussehen des sinnlich Sichtbaren. Aussehen, ἰδέα 
        heißt und ist auch, was im Hörbaren, Tastbaren, Fühlbaren, in 
        jeglichem, was irgendwie zugänglich ist, das Wesenh ausmacht. 
        Gegenüber dem, was Platon der Sprache und dem Denken in diesem 
        und anderen Fällen zumutet, ist der jetzt gewagte Gebrauch 
        des Wortes »Gestell« als Name für das Wesen der modernen 
        Technik beinahe harmlos. Indessen bleibt der jetzt verlangte 
        Sprachgebrauch eine Zumutung und mißverständlich.
        Ge-stell heißt das Versammelnde jenes Stellens, das den 
        Menscheni stellt, d. h. herausfordert, das Wirkliche in der Weise des 
        Bestellens als Bestand zu entbergen. Ge-stell heißt die Weise des 
        Entbergens, die im Wesen der modernen Technik waltet und selber 
        nichts Technisches ist. Zum Technischen gehört dagegen alles, 
        was wir als Gestänge und Geschiebe und Gerüste kennen und 
        was Bestandstück dessen ist, was man Montage nennt. Diese fällt 
        jedoch samt den genannten Bestandstücken in den Bezirk der 
        technischen Arbeit, die stets nur der Herausforderung des 
        Ge-stells entspricht, aber niemals dieses selbst ausmacht oder gar 
        bewirkt.
        Das Wort »stellen« meint im Titel Ge-stell nicht nur das 
        Herausfordern, es soll zugleich den Anklang an ein anderes »Stellen« 
        bewahren, aus dem es abstammt, nämlich an jenes Her- und 
        Dar-stellen, das im Sinne der ποίησις das Anwesende in die Unverborgenheit
        h 1954: deutlicher! ein ontisch gebrauchtes und geläufiges Wort in einen 
        ausgezeichneten ontologischen Rang erhoben.
        i 1954: nicht nur den Menschen! Ereignis und das Ge-Viert

Martin Heidegger (GA 7) Vorträge und Aufsätze