I
Was heißt »Uberwindung der Metaphysik«? Im seinsgeschichtlichen [67] Denken ist dieser Titel nur behelfsmäßig gebraucht, damit es sich überhaupt verständlich machen kann. In Wahrheit gibt dieser Titel zu vielen Mißverständnissen Anlaß; denn er läßt die Erfahrung nicht auf den Grund kommen, von dem aus erst die Geschichte des Seins ihr Wesen offenbart. Es ist das Er-eignis, in dem das Sein selbst verwunden wird. Überwindung meint vor allem nicht das Wegdrängen einer Disziplin aus dem Gesichtskreis der philosophischen »Bildung«. »Metaphysik« ist schon als Geschick der Wahrheit des Seienden gedacht, d.h. der Seiendheit, als einer noch verborgenen, aber ausgezeichneten Ereignung, nämlich der Vergessenheit des Seins.
Sofern Überwindung als Gernächte der Philosophie gemeint ist, könnte der gemäßere Titel heißen: Die Vergangenheit der Metaphysik. Freilich ruft er neue Irrmeinungen hervor. Vergangenheit sagt hier: Ver-gehen und Aufgehen in die Gewesenheit. Indem die Metaphysik vergeht, ist sie vergangen. Die Vergangenheit schließt nicht aus sondern ein, daß jetzt erst die Metaphysik ihre unbedingte Herrschaft im Seienden selbst und als dieses in der wahrheitslosen Gestalt des Wirklichen und der Gegenstände antritt. Aus der Frühe des Anfangs erfahren, ist aber die Metaphysik zugleich vergangen in dem Sinne, daß sie in ihre Ver-endung eingegangen ist. Die Verendung dauert länger als die bisherige Geschichte der Metaphysik.
II
Die Metaphysik läßt sich nicht wie eine Ansicht abtun. Man kann [68] sie keineswegs als eine nicht mehr geglaubte und vertretene Lehre hinter sich bringen.
a vgl. den verwandten Text in Festschrift für Emil Preetorius 1953 S. 117 f. [s. Hinweise]