Denken ist. Der Grundzug des bisherigen Denkens ist das Vernehmen.' Das Vermögen dazu heißt die Vernunftl.
Was vernimmt die Vernunft? In welchem Element hält sich das Vernehmen auf, daß hierdurch ein Denken geschieht? Vernehmen ist die Übersetzung des griechischen Wortes νοεῖν, das bedeutet: etwas Anwesendes bemerken, merkend es vornehmen und als Anwesendes es annehmen. Dieses vornehmende Vernehmen ist ein Vor stellen in dem einfachen, weiten und zugleich wesentlichen Sinne, daß wir Anwesendes vor uns stehen- und liegenlassen, wie es liegt und steht."
Derjenige unter den frühgriechischen Denkern, der das Wesen des bisherigen abendländischen Denkens maßgebend bestimmt, achtet jedoch, wenn er vom Denken handelt, keineswegs lediglich und niemals zuerst auf das, was wir das bloße Denken nennen möchten. Vielmehr beruht die Wesensbestimmung des Denkens gerade darin, daß sein Wesen von dem her bestimmt bleibt, was das Denken als Vernehmen vernimmt — nämlich das Seiende in seinem Sein.
Parmenides sagt (Frag-m. VIII, 34/36):
ταὐτὸν δ' ἐστὶ νοεῖν τε καὶ οὕνεκεν ἔστι νόημα.
οὐ γὰρ ἄνευ τοῦ ἐόντος, ἐν ᾧ πεφατισμένον ἐστιν,
εὑρήσεις τὸ νοεῖν
»Das Selbe aber ist Vernehmen sowohl als auch (das),
wessentwegen Vernehmen' ist.
Nicht nämlich ohne das Sein des Seienden, in welchem es
(nämlich das Vernehmen) als Gesagtes ist,
wirst du das Vernehmen finden.«
Aus diesen Worten des Parmenides tritt klar ans Licht: das Denken empfängt als Vernehmen sein Wesen aus dem Sein des Seienden.
l 3. Auflage 1967: das »als«
m ratio (λέγειν)
n noch nicht »Gegenstand«
o 3. Auflage 1967: (Vernehmung)
Lectures and Essays page 140