Weit ist der nötigste Weg unseres Denkens. Er führt jenem Einfachen zu, das unter dem Namen λόγος zu denken bleibt. Noch sind erst wenige Zeichen, die den Weg weisen.
Das Folgende versucht, in freiem Überlegen am Leitband eines Spruches von Heraklit (B 50), einige Schritte auf dem Weg zu gehen. Vielleicht nähern sie uns der Stelle, wo wenigstens dieser eine Spruch frag-würdiger zu uns spricht:
οὐκ ἐμοῦ, ἀλλὰ τοῦ Λόγου ἀκούσαντας
ὁμολογειν σοφόν ἐστιν Ἓν Πάντα.
Eine der unter sich im ganzen einstimmigen Übersetzungen lautet:
»Habt ihr nicht mich, sondern den Sinn vernommen,
so ist es weise, im gleichen Sinn zu sagen: Eins ist Alles.« (Snell)
Der Spruch spricht von άκούειν, hören und gehört haben, von όμολογειν, das Gleiche sagen, vom Λόγος, dem Spruch und der Sage, vom έγώ, dem Denker selbst, nämlich als λέγων, dem redenden. Heraklit bedenkt hier ein Hören und Sagen. Er spricht aus, was der Λόγος sagt: "Ev Πάντα, Eins ist alles. Der Spruch des Heraklit scheint nach jeder Hinsicht verständlich zu sein. Dennoch bleibt hier alles fragwürdig. Am fragwürdigsten ist das Selbstverständlichste, nämlich unsere Voraussetzung, das, was Heraklit sagt, müsse unserem später gekommenen Alltagsverstand unmittelbar einleuchten. Das ist eine Forderung, die sich vermutlich nicht einmal den Zeit- und Weggenossen des Heraklit erfüllt hat.
Indessen dürften wir seinem Denken eher entsprechen, wenn wir zugeben, daß nicht erst für uns, auch nicht nur für die Alten schon, daß vielmehr in der gedachten Sache selbst einige Rätsel bleiben. Wir kommen ihnen eher nahe, wenn wir davor zurücktreten. Dabei zeigt sich: um das Rätsel als Rätsel zu merken, bedarf es vor allem anderen einer Aufhellung dessen, was λόγος, was λέγειν bedeutet.