mit dem Dichten und gar mit dem Gedicht dieses Dichters einläßt, können wir erst als unumgängliche Frage erörtern, wenn wir selbst schon auf einem Weg des Denkens gehen.
Zweite Stunde
Wie sollen wir je das vielgenannte Verhältnis von Denken und Dichten bedenken können, solange wir nicht wissen, was Denken heißt, solange wir demzufolge auch nicht bedenken können, was Dichten ist? Wir Heutigen haben vermutlich nicht die geringste Ahnung davon, wie denkend die Griechen ihre hohe Dichtung, wie denkend sie die Werke ihrer Kunst erlebten, nein, nicht erlebten, sondern in der Anwesenheit ihres Scheinens dastehen ließen.
Nur dies mag jetzt schon einleuchten, daß wir Hölderlins Wort nicht als ein Zitat aus dem Bereich des dichterischen Sagens beiziehen, um dadurch den trockenen Gang des Denkens aufzufrischen und auszuschmücken. Das wäre eine Entwürdigung des dichtenden Wortes. Sein Sagen beruht in seiner eigenen Wahrheit. Sie heißt Schönheit. Die Schönheit ist ein Geschick des Wesens der Wahrheit, wobei Wahrheit besagt: die Entbergung des Sichverbergenden. Schön ist nicht das, was gefällt, sondern was unter jenes Geschick der Wahrheit fällt, das sich ereignet, wenn das ewig Unscheinbare und darum Unsichtbare in das erscheinendste Scheinen gelangt. Wir sind daran gehalten, das dichtende Wort in seiner Wahrheit, in der Schönheit, zu lassen. Das schließt nicht aus, sondern ein, daß wir das dichtende Wort denken.
Wenn wir Hölderlins Wort eigens in den Bereich des Denkens einholen, dann müssen wir uns freilich hüten, das, was Hölderlin dichterisch sagt, unbedacht mit dem gleichzusetzen, was wir unter dem Namen »das Bedenklichste« zu denken uns anschicken. Das dichtend Gesagte und das denkend Gesagte sind niemals das Gleiche; aber sie sind zuweilen das Selbe, dann nämlich, wenn