Seins von Seiendem, mag dieses wirklich, sein oder nicht. Umgekehrt liegt in der Unverborgenheit von Seiendem je schon eine solche seines Seins. Ontische und ontologische Wahrheit betreffen je verschieden Seiendes in seinem Sein und Sein von Seiendem. Sie gehören wesenhaft zusammen auf Grund ihres Bezugs zum Unterschied von Sein und Seiendema (ontologische Differenz)b. Das dergestalt notwendig ontisch-ontologisch gegabelte c Wesen von Wahrheit überhaupt ist nur möglich in eins mit dem Aufbrechen dieses Unterschiedes. Wenn anders nun das Auszeichnende des Daseins darin Hegt, daß es Sein-verstehend zu Seiendem sich verhält, dann muß das Unterscheidenkönnen, in dem die ontologische Differenz faktisch wird, die Wurzel seiner eigenen Möglichkeit im Grunde des Wesens des Daseins
orientiert. »Ontologisch« — in der populär-philosophischen Bedeutung genommen — meint jedoch — und darin bekundet sich die heillose Verwirrung — das, was vielmehr ontisch genannt werden muß, d. h. eine Haltung, die das Seiende an ihm selbst sein läßt, was und wie es ist. Aber damit ist noch kein Problem des Seins gestellt, geschweige denn das Fundament für die Möglichkeit einer Ontologie gewonnen d.
a 1. Auflage 1929: Das Zweideutige dieser Unterscheidung: vom Bisherigen her ein Schritt zu dessen Überwindung und doch eine verhängnisvolle Rückbindung, die jeden Weg zur ursprünglichen >Einheit< und damit auch zur Wahrheit der Unterscheidung verlegt.
b 1. Auflage 1929: Vgl. darüber die erste öffentliche Mitteilung in der Vorlesung SS 1927 »Die Grundprobleme der Phänomenologie«, § 22. Der Schluß entspricht dem Beginn, in dem Kants These über das ›Sein‹ (ist), daß es kein reales Prädikat sei, erörtert wird, und zwar in der Absicht, die ontologische Differenz ab solche erst einmal in den Blick zu fassen, und dieses im Herkommen aus der Ontologie, diese selber aber fundamentalontologisch erfahren. Das Ganze der Vorlesung gehört zu »Sein und Zeit«, I.Teil, 3. Abschnitt »Zeit und Sein«.
c 1. Auflage 1929: Hier wird das Wesen der Wahrheit als >gegabelt< vom »Unterschied« als fester Marke her begriffen, statt im Gegenteil den »Unterschied« aus dem Wesen der Wahrheit des Seyns zu überwinden oder den »Unterschied« erst als das Seyn selbst zu denken und in ihm das Seyende des Seyns — nicht mehr als Sein von Seiendem.
d 1. Auflage 1929: Außerdem gilt im voraus, nicht eine >Ontologie< zu machen noch zu begründen, sondern die Wahrheit des Seyns zu erreichen, d.h. von ihr erreicht zu werden — Geschichte des Seyns selbst, nicht Forderung philosophischer Gelehrsamkeit, daher Sein und Zeit.