Unterscheidung von ὕλη - μορφή nicht lediglich eine andere Formel ist für die antiphonische ἀρρύθμίστον-ῥυθμός; denn diese nennen, in der Absicht, die φύσις zu bestimmen, je nur ein Seiendes, nämlich das Ständige im Unterschied zu einem Unständigen; sie greifen aber nicht und begreifen noch weniger die φύσις als Sein, d.h. als das, worin die Ständigkeit, das Insichstehen der φύσει ὄντα besteht. Dieses Sein wird nur greifbar am Leitfaden des λόγος. Die Ansprechung aber zeigt als Erstes das Aussehen und die Gestelltheit in dieses, von wo aus sich dann das ὕλη-Genannte als das Verfügliche bestimmt. Damit ist aber zugleich schon ein Weiteres entschieden, was den nächsten Schritt der Nachweisung der φύσις als μορφή erzwingt. Obzwar ὕλη und μορφή beide das Wesen der φύσις ausmachen, so halten sie sich doch nicht gleichgewichtig die Waage, sondern die μορφη hat den Vorrang. Darin drückt sich aus, daß der vollzogene Beweisgang die Beweisaufgabe auf eine höhere Stufe hebt. Und Aristoteles zögert nicht, dies sogleich auszusprechen.
»Ja sogar mehr ist diese (nämlich die μορφή als Gestellung in das Aussehen) φόσις denn das Verfügliche. Jegliches Geeinzelte nämlich wird dann / als eigentlich Seiendes / angesprochen, wenn es »ist« in der Weise des Sich-im-Ende-Habens, eher als wenn es (nur) ist in der Geeignetheit zu... « (193 b 6—8)
Warum also ist die μορφή nicht nur ebenso wie die ὕλη, sondern »mehr« φύσις? Weil wir etwas dann als eigentlich seiend ansprechen, wenn es ist in der Weise der εντελέχεια. Demnach muß die μορφή irgendwie in sich den Charakter der ἐντελέχεια tragen. Inwiefern das zutrifft, erörtert Aristoteles an dieser Stelle nicht. Insgleichen erläutert er auch nicht, was ἐντελέχεια besagt. Der von A. selbst geprägte Name ist das Grundwort seines Denkens, und es enthält jenes Wissen vom Sein, in dem sich die griechische Philosophie vollendet. Die »ἐντελέχεια« umschließt jenen Grundbegriff der abendländischen Metaphysik, an dessen Umdeutung am schärfsten die Entfernung der nachkommenden Metaphysik vom anfänglichen griechischen Denken