jene Übernahme gleichwohl die schärfste Zurückweisung enthält. Deren bösartigste Form vollzieht sich nämlich nicht dort, wo das Widerlegte grob abgewiesen und nur abgelegt, sondern im Gegenteil übernommen und in einen wesentlichen und gegründeten Zusammenhang eingewiesen wird, übernommen und eingewiesen freilich als das Unwesen, das notwendig zum Wesen gehört. Daß überhaupt zwei τρόποι der φύσις-Auslegung im Hinblick auf μορφή und ὕλη möglich sind und demzufolge eine Verkennung der ϋλη im Sinne einer Deutung derselben als des ständig vorhandenen Verfassungslosen, das muß im Wesen der φύσις, d.h. also jetzt in der μορφή selbst seinen Grund haben. Auf diesen Grund verweist Aristoteles in dem folgenden Satz, mit dem die φύσις-Auslegung ihren Abschluß findet.
»Die Gestellung in das Aussehen aber, und d.h. also auch die φύσις, wird zwiefach angesprochen; denn auch die >Beraubung< ist so etwas wie Aussehen. « (195 b 18—20)
Der Grund für die Möglichkeit, die φύσις in zwei Blickrichtungen anzuschneiden und in zwei Weisen anzusprechen, liegt darin, daß die μορφή in sich und damit das Wesen der φύσις selbst zwiefach ist. Der Satz vom zwiefachen Wesen der φύσις wird begründet durch die angefügte Bemerkung: »denn auch die >Beraubung< ist so etwas wie Aussehen«.
Die στέρησις ist in diesem Kapitel als Wort, Begriff und »Sache« gleich unvermittelt eingeführt wie vorher die ἐντελέχεια , vermutlich weil sie dieselbe entscheidende Bedeutung im Denken des Aristoteles hat wie die ἐντελέχεια. (Über die στέρησις vgl. Phys. A, 7 u. 8, wo sie freilich auch nicht erläutert wird.)
Für die Auslegung des letzten Absatzes der φύσις-Auslegung sind folgende vier Fragen zu beantworten.
1. Was besagt στέρησις?
2. Wie verhält sich die στέρησις zur μορφή, so daß von ihr aus das zwiefache Wesen dieser sichtbar werden kann?