alltäglichen Ort die ganze Dürftigkeit seines Lebens. Der Anblick eines frierenden Denkers bietet wenig des Interessanten. Die Neugierigen verlieren denn auch bei diesem enttäuschenden Anblick sogleich die Lust, noch näher zu treten. Was sollen sie hier? Dieses alltägliche und reizlose Vorkommnis, daß einer friert und am Ofen steht, kann jedermann jederzeit bei sich zu Hause finden. Wozu sollen sie also einen Denker aufsuchen? Die Besucher schicken sich an, wieder wegzugehen. Heraklit liest die enttäuschte Neugier in ihren Gesichtern. Er erkennt, daß bei der Menge schon das Ausbleiben einer erwarteten Sensation hinreicht, um die soeben Angekommenen sogleich wieder zur Umkehr zu drängen. Deshalb spricht er ihnen Mut zu. Er fordert sie eigens auf, doch einzutreten, mit den Worten: εἶναι γὰρ καὶ ἐνταῦθα θεούς, »Götter wesen auch hier an«.
Dieses Wort stellt den Aufenthalt (ἦθος) des Denkers und sein Ton in ein anderes Licht. Ob die Besucher sogleich und ob sie dieses Wort überhaupt verstanden und dann alles in diesem anderen Licht anders gesehen haben, sagt die Erzählung nicht. Aber daß diese Geschichte erzählt worden und noch uns Heutigen überliefert ist, beruht darauf, daß das, was sie berichtet, aus der Atmosphäre dieses Denkers stammt und sie kennzeichnet. καὶ ἐνταῦθα »auch hier«, am Backofen, an diesem gewöhnlichen Ort, wo jeglich Ding und jeder Umstand, jedes Tun und Denken vertraut und geläufig, das heißt geheuer ist, »auch da nämlich« im Umkreis des Geheuren εἶναι θεούς, ist es so, »daß Götter anwesen«.
ἦθος ἀνθρώπῳ δαίμων, sagt Heraklit selbst: »Der (geheure) Aufenthalt ist dem Menschen das Offene für die Anwesung des Gottes (des Un-geheuren).«
Soll nun gemäß der Grundbedeutung des Wortes ἦθος der Name Ethik dies sagen, daß sie den Aufenthalt des Menschen bedenkt, dann ist dasjenige Denken, das die Wahrheit des Seins als das anfängliche Element des Menschen als eines eksistierenden denkt, in sich schon die ursprüngliche Ethik. Dieses Denken