»Bei jenen Mystikern gibt es einige Stellen, die außerordentlich kühn sind, voll von schwierigen Metaphern und beinahe zur Gottlosigkeit hinneigend, so wie ich Gleiches bisweilen in den deutschen — im übrigen schönen — Gedichten eines gewissen Mannes bemerkt habe, der sich Johannes Angelus Silesius nennt ...«
Und Hegel sagt in seinen »Vorlesungen über die Aesthetik« (X, 477, Glockner XII, 493 f.) folgendes:
»Die pantheistische Einheit nun in Bezug auf das Subjekt hervorgehoben, das sich in dieser Einheit mit Gott, und Gott als diese Gegenwart im subjektiven Bewußtseyn empfindet, giebt überhaupt die Mystik, wie sie in dieser subjektiveren Weise auch innerhalb des Christentums ist zur Ausbildung gekommen. Als Beispiel will ich nur Angelus Silesius anführen, der mit der größten Kühnheit und Tiefe der Anschauung und Empfindung das substantielle Daseyn Gottes in den Dingen, und die Vereinigung des Selbsts, mit Gott, und Gottes mit der menschlichen Subjektivität in wunderbar mystischer Kraft der Darstellung ausgesprochen hat.«
Die Urteile von Leibniz und Hegel über Angelus Silesius möchten nur kurz andeuten, daß das angeführte Wort über das »Ohne Warum« aus einer gewichtigen Quelle stammt. Wir werden aber auch sogleich entgegnen, diese Quelle sei doch Mystik und Dichtung. Die eine wie die andere gehören gleichwenig in das Denken. Gewiß, nicht in das Denken, aber vielleicht vor das Denken. Dies bezeugen uns Leibniz und Hegel, deren Denken an Nüchternheit und Strenge schwer zu übertreffen ist.
Sehen wir zu, wie es mit dem mystischen Wort des Angelus Silesius steht.
»Die Ros ist ohn warum; sie blühet, weil sie blühet, Sie acht nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet.«