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Die Sprache

			Wanderer tritt still herein; 
			Schmerz versteinerte die Schwelle. 
			Da erglänzt in reiner Helle 
			Auf dem Tische Brot und Wein.
		

Die zwei letzten Verse der zweiten Strophe und die dritte Strophe lauten in der ersten Fassung (Brief an Karl Kraus vom 13.12.1913):

			Seine Wunde voller Gnaden 
			Pflegt der Liebe sanfte Kraft.
		
			O ! des Menschen bloße Pein. 
			Der mit Engeln stumm gerungen, 
			Langt, von heiligem Schmerz bezwungen, 
			Still nach Gottes Brot und Wein.
		

(Vgl. die Schweizer Neuausgabe der Dichtungen von G. Trakl, besorgt von Kurt Horwitz. Zürich 1946.)

Das Gedicht hat Georg Trakl gedichtet. Daß er der Dichter ist, bleibt unwichtig; hier, wie bei jedem anderen großgeglückten Fall eines Gedichtes. Das Großgeglückte besteht sogar mit darin, daß es Person und Namen des Dichters verleugnen kann.

Das Gedicht ist durch drei Strophen geformt. Ihr Versmaß und die Reimart lassen sich nach den Schemata der Metrik und Poetik genau bestimmen. Der Inhalt des Gedichtes ist verständlich. Kein Wort findet sich, das, für sich genommen, unbekannt oder unklar wäre. Zwar lauten einige Verse befremdlich, so der dritte und vierte der zweiten Strophe:

			Golden blüht der Baum der Gnaden 
			Aus der Erde kühlem Saft.
		

Insgleichen überrascht der zweite Vers der dritten Strophe :

			Schmerz versteinerte die Schwelle.