So lernt ich traurig den verzieht: [163]
Kein ding sei wo das wort gebricht.
Nach dem zuvor Vermerkten sind wir versucht, uns an die Schlußzeile des Gedichtes zu halten: »Kein ding sei wo das wort gebricht.« Denn sie bringt das Wort der Sprache, diese selbst eigens zur Sprache und sagt etwas über das Verhältnis zwischen Wort und Ding. Der Inhalt der Schlußzeile läßt sich in eine Aussage umformen, die lautet: Kein Ding ist, wo das Wort gebricht. Wo etwas gebricht, ist ein Bruch, ein Abbruch eingetreten. Einer Sache Abbruch tun heißt: ihr etwas entziehen, es an etwas fehlen lassen. Es gebricht heißt: es fehlt. Kein Ding ist, wo das Wort fehlt, nämlich das Wort, das jeweils das Ding nennt. Was bedeutet »nennen«? Wir können antworten: Nennen meint: etwas mit einem Namen ausstatten. Und was ist ein Name? Eine Bezeichnung, die etwas mit einem Laut- und Schriftzeichen, mit einer Chiffre, versieht. Und was ist ein Zeichen? Ist es ein Signal? Oder ein Signum? Ein Merkmal? Oder ein Wink? Oder all dies und noch anderes? Wir sind sehr lässig und rechnerisch geworden im Verständnis und Gebrauch von Zeichen.
Ist der Name, ist das Wort ein Zeichen? Alles liegt daran, wie wir das denken, was die Worte »Zeichen« und »Namen« besagen. Und wir merken hier schon an diesen geringen Hinweisen, in welche Strömung wir geraten, wenn das Wort als Wort, die Sprache als Sprache zur Sprache kommt. Daß auch das gehörte Gedicht beim Wort »Wort« an den Namen denkt, sagt die zweite Strophe:
Und harrte bis die graue norn
Den namen fand in ihrem born —
Indes lassen uns sowohl die hier genannte Finderin des Namens als auch dessen Fundort, norn und born, zögern, den »Namen« im Sinne einer bloßen Bezeichnung zu verstehen. Vielleicht ist [164]