das Sprachwesen nicht wissen können - nach dem überlieferten, aus dem Erkennen als Vorstellen bestimmten Begriff des Wissens - ist freilich kein Mangel, sondern der Vorzug, durch den wir in einen ausgezeichneten Bereich vorgezogen sind, in jenen, darin wir, die zum Sprechen der Sprache Gebrauchten, als die Sterblichen wohnen.
Die Sage, ihr Eigentümliches, läßt sich in keine Aussage einfangen. Sie verlangt von uns, die ereignende Be-wëgung im Sprachwesen zu er-schweigen, ohne vom Schweigen zu reden.
Die im Ereignis beruhende Sage ist als das Zeigen die eigenste Weise des Ereignens. Dies klingt wie eine Aussage. Vernehmen wir nur sie, dann sagt sie nicht das zu-Denkende. Die Sage ist die Weise, in der das Ereignis spricht; die Weise nicht so sehr als modus und Art, sondern die Weise als das μέλος, das Lied, das singend sagt. Denn die ereignende Sage bringt das Anwesende aus dessen Eigentum, aus dem, wohin es als Anwesendes gehört, zum Scheinen, lobt, d. h. erlaubt es in sein eigenes Wesen. Hölderlin singt im Beginn der achten Strophe der » Friedensfeier « :
Viel hat von Morgen an,
Seit ein Gespräch wir sind und hören voneinander,
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Erfahren der Mensch; bald sind aber Gesang (wir).
Die Sprache wurde das »Haus des Seins« genannt1. Sie ist die 267 Hut des Anwesens, insofern dessen Scheinen dem ereignenden Zeigen der Sage anvertraut bleibt. Haus des Seins ist die Sprache, weil sie als die Sage die Weise des Ereignisses ist.a
Um dem Sprachwesen nachzudenken, ihm das Seine nachzusagen, braucht es einen Wandel der Sprache, den wir weder erzwingen noch erfinden können. Der Wandel ergibt sich nicht durch die Beschaffung neu gebildeter Wörter und Wortreihen.
a in das Ereignis gehört; mithin die Sprache weder das Erste noch das Letzte
1 Vgl. Brief über den Humanismus. 1947.