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Offenständigkeit zwischen Göttern und Menschen


ausgesetzt, daß man dieses Wort bilden könnte. Das Schwergewicht liegt darauf, daß das Verhältnis der Menschen und Götter nicht von außen beschrieben werden kann, sondern daß sie selber als ihr Wechsel-und Gegenverhältnis existieren, nur daß die Götter gewissermaßen die vorteilhaftere, die Menschen dagegen die weniger vorteilhafte Existenzialontologie haben. Das göttliche und menschliche Selbst-und Seinsverständnis muß sich im wechselseitigen Verstehen entwerfen.


HEIDEGGER: In dem Verhältnis von Göttern und Menschen kommt es auf ein Phänomen an, das bisher hinsichtlich des Bezugs von ἕν und πάντα noch nicht behandelt wurde: auf die Offenständigkeit zwischen Göttern und Menschen. Das offen-ständige Verhältnis zwischen Göttern und Menschen nannten Sie eine Repräsentanz für das Verhältnis von ἕν und πάντα.


FINK: Damit ist vorgedeutet auf den σοφόν-Charakter des ἕν. Das ἕν ist die versammelnde Einheit in der Weise des λόγος und σοφόν. Den σοφόν-Charakter des ἕν dürfen wir nicht als Wissen interpretieren. In ihm wird das Moment des verstehenden Bezugs des ἕν zu den πάντα gedacht. Im Lichtcharakter des Blitzes, der Sonne und des Feuers haben wir zunächst Vordeutungen auf den σοφόν-Charakter des ἕν. Wir müssen dabei aber warnen vor einer Auslegung des ἕν als Weltvernunft und als das Absolute.


HEIDEGGER: Ich will nur Ihren Weg charakterisieren. Sie bereiten das Verständnis des σοφόν bzw. des πῦρ φρόνιμον des Fragments 64a vor im Ausgang vom Blitz, von der Sonne, von den Horen, vom Feuer, Licht, Leuchten, Schein. Auf diesem Weg ist es in gewisser Weise schwieriger, den Übergang vom dinghaften Bezug des ἕν als Blitz, Sonne und Feuer zu den πάντα zum offenständigen Bezug der Götter und Menschen zueinander zu machen, der den Bezug des ἕν τὸ σοφὸν zu den πάντα repräsentiert. Ihr Weg der Heraklit-Interpretation geht aus vom Feuer zum λόγος, mein Weg der Heraklit-Interpretation geht

Martin Heidegger GA 15 Seminare page 181

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