Anschauungen Fechners zum Beispiel das Individualbewusstsein hervorquellen, und was wir unbewusst nennen, das ist im Grunde Gegenstand des Allgemeinbewusstseins. Weingärtner rechnet unter diese Auffassung »in gewissem Sinne« auch den Aktivismus des bekannten Religionsphilosophen R. Eucken, der in seinem eigenartigen Begriff des »Geisteslebens« die überindividuelle Sphäre erblickt, in deren Erraffung und Durchdringung das Subjekt der Wahrheit teilhaft werden soll; man wird mit Mausbach5 den Grundfehler Euckens darin sehen müssen, dass es die Natur des Menschen zu sehr auf das Sinnliche herabdrückt und das vernünftige Denken und Wollen in ein absolutes Leben hinausrückt. Auf diesem mit Umgehung des Tatsächlichen konstruierten Gegensatz fussen die weiteren Spekulationen über das »Geistesleben« und seine Bedeutung für Erkenntnis und Handeln.
Vielvertreten ist unter modernen Psychologen die Gleichsetzung von Unterbewusstsein und »dunklem Inhalt des normalen Bewusstseins«. Zur Veranschaulichung bedient man sich der auf Wundt zurückgehenden Ausdrucksweise, indem die aufgefassten, apperzipierten Bewusstseinsinhalte als im Blickpunkt des Bewusstseins stehend, der übrige gegenwärtige Inhalt als im Blickfeld liegend bezeichnet werden. Wir kommen zur letzten gewissermassen extremen Fassung des Unterbewusstseinsbegriffes. Dasselbe bedeutet hiernach eine neben dem Oberbewusstsein (Tagesbewusstsein) selbständige bestehende Region von Bewusstem, für die ein zweites Ich, das subliminale (unterschwellige) Ich postuliert wird. Diese Auffassung wird uns im folgenden ausschliesslich beschäftigen, weil sie gerade in der modernen Religionspsychologie und in der empirischen Religionspsychologie ausschlaggebende Bedeutung beansprucht. Hinsichtlich der Natur dieses zweiten Bewusstseins gehen die Meinungen auseinander. Französische Psychologen (Janet, Binet)
5 J. Mausbach, R. Euckens Welt-und Lebensanschauung. Hochland VI (1909) Heft 12. Seite 646.
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