zur Besinnung. Das rechnende Denken ist kein besinnliches Denken, kein Denken, das dem Sinn nachdenkt, der in allem waltet, was ist.
So gibt es denn zwei Arten von Denken, die beide jeweils auf ihre Weise berechtigt und nötig sind: das rechnende Denken und das besinnliche Nachdenken.
Dieses Nachdenken aber meinen wir, wenn wir sagen, der heutige Mensch sei auf der Flucht vor -dem Denken. Allein, so entgegnet man, das bloße Nachdenken schwebt doch unversehens über der Wirklichkeit. Es verliert den Boden. Es taugt nichts für die Bewältigung der laufenden Geschäfte. Es bringt nichts ein für die Durchführung der Praxis.
Und schließlich sagt man, das bloße Nachdenken, die ausdauernde Besinnung sei für den gewöhnlichen Verstand -zu »hoch«. An dieser Ausrede ist nur das eine richtig, daß ein besinnliches Denken sich so wenig von selbst ergibt wie das rechnende Denken. Das besinnliche Denken verlangt bisweilen eine höhere Anstrengung. Es erfordert eine längere Einübung. Es bedarf einer noch feineren Sorgfalt als jedes andere echte Handwerk. Es muß aber auch warten können wie der Landmann, ob die Saat aufgeht und zur Reife kommt.
Andererseits kann jedermann den Wegen des Nachdenkens auf seine Weise und in seinen Grenzen folgen. Warum? Weil der Mensch das denkende, d. h sinnende Wesen ist. So brauchen wir denn auch beim Nachdenken keineswegs »hochhinaus«. Es genügt, wenn wir beim Naheliegenden verweilen und uns auf das Nächstliegende besinnen: auf das, was uns, jeden Einzelnen hier und jetzt, angeht; hier: auf diesem Fleck Heimaterde, jetzt: in der gegenwärtigen Weltstunde.
Was legt uns diese Feier nahe, falls wir bereit sind, uns zu besinnen? In diesem Fall achten wir darauf, daß aus dem Boden der Heimat ein Werk der Kunst gediehen ist. Denken wir dieser einfachen Tatsache nach, dann müssen wir sogleich daran denken, daß der schwäbische Boden im vorigen und im vorvorigen Jahrhundert große Dichter und Denker hervorgebracht hat.
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