sehen gibt, wie etwas sich ausnimmt, hat eine ähnliche Bedeutung wie εἶδος, θεωρός heißt dann derjenige, der etwas in seinem Anblick ansieht, der sich ansieht, was es zu sehen gibt, θεωρός ist der Festbesucher, der auf den großen Spielen und Festen als Zuschauer anwesend ist, — womit unser »Theater« zusammenhängt. Das »Sehen« ist hier zweimal ausgedrückt. Die Bedeutungsgeschichte dieses Ausdrucks kann hier nicht näher vorgelegt werden. Es sei nur darauf hingewiesen, daß man in der Zeit unmittelbar vor Plotin im 2. und 3. Jahrhundert θεωρία so auslegte, daß man sagte: in θέω- liegt der Stamm θείον, θεός; θεωρεῖν meint: hinsehen auf das Göttliche. Dies ist eine spezifische griechische Etymologie, wie sie z. B. Alexander Aphrodisius gibt. Es handelt sich hier um eine Umdeutung, die in gewissen Darlegungen des Aristoteles ihren Boden hat, aber nicht den eigentlichen Sinn des Wortes selbst trifft, θεωρία ist lateinisch übersetzt als speculatio, welche das reine Betrachten meint; »spekulativ« meint also dasselbe wie »theoretisch«. Das Wort θεωρία hat dann in der Theologie eine große Rolle gespielt, wo sie der αλληγορία gegenüber gestellt wird: Die θεωρία ist diejenige Betrachtung, die die historischen Tatbestände vor aller Αλληγορία, so wie sie sind, herausstellt; die θεωρία wird identisch mit der Ιστορία. Schließlich wird sie identisch mit biblischer Theologie und Theologie schlechthin. Daß später die Übersetzung von θεωρία, die theologia speculativa, gerade den Gegensatz gegen die exegetische Theologie darstellt, ist einer der eigentümlichen Zufälle, wie sie öfter in der Bedeutungsgeschichte aufgetreten sind.
Wir versuchen nun zunächst, uns konkret über die σοφία zu verständigen. Aristoteles hat die σοφία eingehend behandelt 1. »Nikomachische Ethik« Buch VT, Kapitel 6-13,2. »Nikomachische Ethik« Buch X, Kapitel 6 10 — hier im Zusammenhang mit der εὐδαιμονία —, 3. »Metaphysik« Buch I, Kapitel 1-2. Betont wurde bereits, daß die Auffassung von der σοφία als der letzten Möglichkeit des Daseins von Aristoteles nicht erfunden, sondern aus dem natürlichen Verständnis des griechischen