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§ 20. Radikalere Fassung der φρόνησις

das οὗ Ενεκα für den Menschen ist. Solches Aufdecken des άριστον άνθρώπω τῶν πρακτών vermag der ἀπλῶς εύβουλος, weil er στοχαστικός ist, »weil er treffen kann«, und zwar κατά τόν λογισμόν, »im Überlegen und Besprechen« des menschlichen Daseins in seinen konkreten Seinsmöglichkeiten, οοδ᾽ εστίν ἡ φρόνησιςτών καθόλου μόνον (b14 sq). Ein solches Aufdecken des άριστον ist aber nicht einzig darauf aus, überhaupt einfach gleichsam aas Aussehen der nächsten Daseinsart der Menschen herauszustellen; die Aufgabe der φρόνησις käme dabei nicht nur nicht zu Ende, sondern sie wäre grundsätzlich mißverstanden. Das ἀληθεύειν der φρόνησις als solcher δα καὶ τά καθ᾽ Εκαστα γνωρίζειν (b15), »muß auch die konkreten einzelnen Seinsmöglichkeiten des Daseins aufdecken«, πρακτική γὰρ, ἡ δέ πρᾶξις περι τά καθ ἕκαστα (bl6). D.h. ihr Aufdecken ist όμολόγως όρέξει5, es vollzieht sich im ständigen Hinblick auf die Situation des Handelnden, eines jetzt hier sich Entscheidens. Von da aus ist nicht nur beiläufig, sondern seinem eigensten Sinn nach der Sinn des ἀγαθόν für das menschliche Dasein und die Behandlungsart desselben im λέγειν bestimmt: es ist ein άκρότατον. Die φρόνησις ist nicht ἕξις μετὰ λόγου μόνον (Eth. Nic. W, 5; 1140b28), sie ist nicht ein bloßes für sich laufendes Durchsprechen von etwas, sondern schon in jedem Wort, in jedem Spruch, den sie tut, spricht sie vom πρακτόν und für dieses, ἡ δέ φρόνησις πρακτική* ώστε δει άμφω Εχειν, ἡ ταυτην μάλλον (Cap. 8; 1141b21 sq). »Die φρόνησις muß beides haben«: das ἀληθεύειν und die πρᾶξις, »oder vielmehr diese noch mehr«. Ζλ^φρόνησις ist in der πρᾶξις noch mehr als im λόγος. Das Entscheidende bei der φρόνησης ist die πρᾶξις.,Οίβ πρᾶξις^δίΛηder φρόνησις ἀρχή und τέλος. Im Vorblick auf eine bestimmte Handlung wird die φρόνησις vollzogen, und sie kommt zu ihrem Ende in der Handlung selbst.


1 Vgl. Eth. Nic. VI, 2; 1139a29 sq: toO 8« ΒροκτικοΟ καὶ ΛονοητικοΟ ἡ άλήβκα όμολύγως Εχουοα Tfl όρέξει TQ opOQ.

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