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Frage nach dem Vorrang von φρόνησις oder σοφία

λόγος hat also die Struktur der σύνθεοΐ&. Und nur wo es eine solche σύνθεσις gibt, nur wo der Charakter des Als vorkommt, nur da gibt es Falschheit. Das Verstellen von etwas ist nur so möglich, daß ein anderes (grau), das vermeintlich und vermutlich das Seiende (Tafel) aufzeigen könnte, davor gestellt wird. Für die Möglichkeit des Verstellens ist also notwendig das Abgehobensein bzw. das Mitsetzen von etwas. Das Falsche, d.h. etwas als etwas ausgesagt zu haben, was es nicht ist, gibt es immer nur da, wo eine σύνθεσις ist. τόγάρ ψεΟδος έν συνθέσει ἀεί" καὶ γὰρ άν τό λευκόν μή λευκόν, τό μή λευκόν συνέβη κεν (430b1 sqq). »Das Täuschende gibt es immer nur da, wo eine σύνθεσις ist; denn auch wenn ich das Weiße als nicht-weiß anspreche, so ist dabei das Nicht-weiß mitgesetzt«, zusammen in mir mit dem gesehen, über das gesprochen wird. Man könnte meinen, in dem μή liege eine Trennung. Jedoch liegt im Ansprechen des λευκόν als μή λευκόν gerade eine σύνθεσις. Auch das Ausgeben von etwas als etwas, das es nicht ist, schließt strukturmäßig ein σύν in sich, das Mitvermeinen des einen νόημα mit dem anderen, als έν.

Diesen phänomenalen Tatbestand muß man festhalten, um den Widersinn zu verstehen, der in der traditionellen Behandlung des λόγος liegt.


γ) Kritik der traditionellen Urteilslehre,

συνθεσις und διαίρεσις als Grundstrukturen des λόγος άποφαν

τικός überhaupt

Man sagt, Aristoteles teile die Urteile in positive und negative, in κατάφασις und ἀπόφασις; das Zusprechen sei das Verbinden von zwei Vorstellungen, σύνθεσις, das Absprechen das Trennen, διαίρεσις. Man nimmt Verbinden und Trennen von Vorstellungen als Struktur des positiven und negativen Urteils. Das ist eine vollständige Verkehrung dessen, was Aristoteles in Anmessung an die Phänomene sagt Beide, κατάφασις und ἀπόφασις, haben den Charakter der συνθεσις, und beide haben den Cha-

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