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§ 4). Die Bestimmung der τέχνη κτητική

a) Die Bestimmung der κτήαις in Richtung auf ihr Wie.
Die möglichen Weisen des Zueignens. Zugreifen (χειροῦσθαι),
θηρευτική (Jagd)


Plato macht einen doppelten Unterschied, 219d5 sqq:

μεταβλητικόν

τέχνη κτητική

χειρωτικόν


Beide haben, sofern sie den Charakter der κτήσις besitzen, das Eigentümliche, auf ein schon Vorhandenes sich zu beziehen: ein Zu-tun-Haben mit schon Vorhandenem in der Weise des Sich-Zueignens.

I. μεταβλητικόν. μεταβάλλω: »umschlagen«, hier auswechseln von etwas gegen ein anderes, und zwar ἑκόντων πρὸς ἑκόντας μεταβλητικὸν (219d4 sq), dieses Auswechseln vollzieht sich »aus freien Stücken«. Was bei einem anderen vorhanden ist, wird im μεταβάλλειν zugeeignet, man läßt es sich geben. Es handelt sich hier um eine Zueignung, in der ich nicht eigentlich zugreife und mir etwas nehme, sondern um eine Zueig nung in der Weise des Sich-geben-Lassens, und zwar so, daß der Andere die Sache, die ich aneigne, mir gibt und ich meinerseits für das so Zugeeignete etwas gebe. Diese Art des freiwilligen Auswechselns bezeichnet Plato als ἀλλακτικόν (223c7); ἀλλάσσω meint dasselbe wie ändern. Die bestimmten Wege des μεταβάλλειν sind diese: 1. Ein Geschenk, das ich bekomme, wechsele ich aus durch ein Wiedergeschenk. 2. Gegen eine Dienstleistung wird Lohn gegeben. 3. Gegen Ware Geld. Für die Weise des Zueignens im Sinne des Auswechselns ist charakteristisch die nicht einseitige Weise der Zueignung.

II. χειρωτικόν; dies ist folgendermaßen bestimmt: τὸ δὲ λοιπόν, ἢ κατ᾽ ἔργα ἢ κατὰ λόγους χειρούμενον σύμπαν (219d6 sq),


Martin Heidegger (GA 19) Platon Sophistes p. 323