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Die Definitionen des Sophisten

Strukturen, die nicht etwa illusorisch sind, sondern einen bestimmten Sachgehalt im Benehmen und Dasein des Sophisten herausstellen. Je mannigfaltiger nun gerade diese Aspekte werden, die der Sophist zeigt für jeden, der mit ihm zu tun hat, um so rätselhafter und schwieriger wird die Aufgabe, ihn eindeutig zu fassen, eine solche Bestimmung bezüglich seiner zu gewinnen, die geeignet ist, diese Mannigfaltigkeit von nächsten Bestimmungen zusammenzuschließen und ihnen erst eigentlich Grund zu geben. Von hier aus muß der Zusammenhang der einzelnen Beschreibungen des Sophisten mit den Horizonten bezüglich des ἀσπαλιευτής verstanden werden.



§ 47. Die 2, 4. Definition des Sophisten. Händler (223b-224e)


a) Die 2. Definition. Großhändler. (223b-224d)
Anknüpfung an die 1. Definition: ἀρετή, παιδεία, κτητική — μεταβλητική — ἀγοραστική. Handel mit λόγοικαΐ μαθήματα αρετής.
Der λόγος als Womit des Handels des Sophisten.


Die Übergänge, die die einzelnen Beschreibungen des Sophisten zeigen, sind charakteristisch für diesen Zusammenhang. Scheinbar vollziehen sie sich ganz äußerlich in der Form einer bloßen Anknüpfung. So wird am Ende der ersten Definition die zweite einfach aufgenommen durch ein έτι. ἔτι δὲ καὶ τῇδε όδώ ἴδωμεν (223c1): »Ferner wollen wir auch auf diesem Wege nachsehen, wie er aussieht«. Hier ist auch die Stelle, wo ausdrücklich betont wird, daß der Sophist ist μέτοχος τέχνης μάλα ποικίλης: οὐ γάρ τι φαύλης μέτοχόν ἐστι τέχνης ἀλλ᾽ εὖ μάλα ποικίλης (vgl. 223c1 sq). Aber die Anknüpfung ist doch nicht so äußerlich, wie es das έτι nahelegen möchte und es auch gemäß der Zusammenfassung 224c zu sein scheint. Sondern wir werden sehen, daß ein Zusammenhang besteht, sofern wir nur die Methode dieser Beschreibung richtig fassen. Der nächstfolgende Satz zeigt nämlich eine ausdrückliche Rücksichtnahme auf das, was bisher am Sophisten herausgestellt wurde, und zugleich


Martin Heidegger (GA 19) Platon Sophistes p. 323