338
Was ist Wahrheit?

»außer dem Subjekte nichts« (B 51); »sie hängt nicht au den Gegenständen selbst, sondern bloß am Subjekte, welches sie [die Gegenstände? Zeit?] anschaut« (B 54). Raum und Zeit »sind nur in den Sinnen und haben außer ihnen keine Wirklichkeit« (B 148). Diese Bemerkungen sowie der Anfang des § 6 der transzendentalen Ästhetik machen deutlich, wie Kant, wie schon früher angedeutet, den Begriff der Zeit bei Newton als res und den Leibnizschen als ordo rerum umwendet zu einer cogitatio, einer Bestimmung des Gemüts. Zugleich aber haben wir 2. kennengelernt eine Bestimmung der Zeit als Worauf einer bestimmten Hinblicknahme, nämlich als unendliche Größe, gegeben vorgestellt. Zeit in dieser zweiten Charakteristik ist ein unendliches Ganzes der reinen Mannigfaltigkeit des Nacheinander, oder, wie Kant sagt, Zeit als ein Quantum. Jetzt ist das Neugewonnene beizuziehen und zugleich zu einer radikalen Interpretation vorzudringen, aus der her der Zusammenhang der beiden erstgenannten Charakterisierungen deutlich wird.



§ 28. Zeit ah ursprüngliche reine Selbstaffektion


Das reine Anschauen, die Zeit wurde interpretiert alB vorgängige, unthematische Hinblicknahme auf die reine Mannigfaltigkeit als solche, »darin nichts als Verhältnisse des Nacheinander sind«. Diese vor gängige Hinblicknahme ist ein Seinsmodus des Gemütes. Es nimmt von ihm selbst her solchen Hinblick auf; es hat die Seinsart, wesenhaft solchen Hinblick zu nehmen. Das Worauf aber, zeigten wir, ist die Bedingung des Begegnens von etwas überhaupt; hier ist Zeit Bedingung der Möglichkeit, daß überhaupt Gebendes sich geben kann in der Artikulation des Nacheinander. Das Worauf: ein reines sich gebendes Ganzes des Nacheinander. In dieser vorgängigen Hinblicknahme also gibt sich das Gemüt oder das Selbst selbst von sich her die Grundmöglichkeit für ein Begegnenkönnen von


Martin Heidegger (GA 21) Logik Die frage nach der Wahrheit

GA 21