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Zweiter Abschnitt: Rent Descartes

leitend sein! Was sagt diese? Auf die Ontologie des Daseins hier freilich nicht einzugehen, nur auf eines hinweisen: Wenn Descartes überhaupt vom ego handelt, dann kann er dieses nicht ganz verkennen. Auffallend: Mitvorhandenheit, Vorfindlichkeit, sooft, solange ich denke. Darin liegt: Das ego denkt nicht endlos und schlechthin immer, ohne Anfang und Ende; es hat sein »solange«. Descartes wurde sagen: Gewiß, dem ist dadurch Rechnung getragen, daß die res cogitans als substantia finita angesprochen wird. Aber genügt das? Oder ist damit das spezifisch ontologische Sein der Endlichkeit des Daseins nicht gerade verkannt?Ist dieses ein Seiendes zwischen zwei Enden, Geburt und Tod? Wo ist die Geburt, wo der Tod? Und wie ist das zwischen beiden zu denken? Hat das Dasein seine Geburt einfach hinter sich gelassen, so wie eine Station, die es durchschreitet? Oder bin ich nur, sofern ich je und ständig geboren bin?Ich existiere nur als geburtiger. Und der Tod — ist das ein Ende irgendwo, bei dem ich schließlich ankomme, oder der mich irgendwoher trifft?Oder liegt vielmehr der Tod nicht schon immer im Dasein selbst als eine ausgezeichnete Möglichkeit, nämlich die Möglichkeit der schlechthinnigen Unmöglichkeit der Existenz, so daß es geburtig je schon stirbt, d. h. sich zu seinem Tod verhalt, ihn selbst in sich tragt? Das Dasein existiert nur als sich erstreckend zwischen Geburt und Tod. Es existiert selbst als diese Erstrecktheit. Iis ist wesenhaft nie und nie lediglich vorhanden, sondern geburtig bin ich gewesen und als sterbend bin ich wesenhaft zukunftig.

Tod ist je meiner, imgleichen die Geburt. Die Selbständigkeit des Selbst bestimmt sich aus dem existierenden Bezug zu Geburt und Tod. Beide können verdeckt bleiben und das Selbst hat sich selbst dann nicht zu eigen, ist uneigentliches. Es kann aber auch eigentlich existieren. Auf diese Grundmoglichkeiten der Existenz, in denen jedes Dasein existiert, nicht weiter einzugehen; nur so viel: Ob ich eigentlich existiere oder nicht, das ist gar nicht so harmlos evident bzw. nicht evident wie das cogito sum. Die Gewißheit des Todes z. B. ist gewisser als jeder mathematische Satz und gleichwohl von wesentlich anderem Charakter.