§ 1. Exposition und allgemeine Gliederung des Themas
Die Vorlesung1 macht sich zur Aufgabe, die Grundprobleme der Phänomenologie zu stellen, auszuarbeiten und streckenweise einer Lösung näherzubringen. Aus dem, was die Phänomenologie zum Thema macht und wie sie ihren Gegenstand erforscht, muß sich ihr Begriff entwickeln lassen. Die Absicht der Betrachtung geht auf den Sachgehalt und die innere Systematik der Grundprobleme. Ziel ist die Aufklärung derselben aus ihrem Grunde.
Damit ist zugleich negativ gesagt: Wir wollen nicht historisch kennenlernen, was es mit der modernen Richtung in der Philosophie, genannt Phänomenologie, für eine Bewandtnis hat. Wir handeln nicht von der Phänomenologie, sondern von dem, wovon sie selbst handelt. Dies wiederum wollen wir nicht lediglich zur Kenntnis nehmen, um dann berichten zu können: Phänomenologie handelt von dem und jenem, sondern die Vorlesung handelt selbst davon, und Sie sollen mithandeln bzw. mithandeln lernen. Es geht nicht darum, Philosophie zu kennen, sondern philosophieren zu können. Eine Einführung in die Grundprobleme möchte dazu Innleiten.
Und diese Grundprobleme selbst? Sollen wir auf gut Glauben hinnehmen, daß das, was zur Erörterung kommt, in der Tat den Bestand der Grundprobleme ausmacht? Wie gelangen wir zu diesen Grundproblemen? Nicht direkt, sondern auf dem Umwege einer Erörterung bestimmter Einzelprobleme. Aus diesen schälen wir die Grundprobleme heraus und bestimmen ihren systematischen Zusammenhang. Aus diesem Verständnis
1 Neue Ausarbeitung des 3. Abschnitts des I. Teiles von »Sein und Zeit«.