160
These der mittelalterlichen Ontologie

im Sinne der herstellenden Intention in bestimmter Weise verstanden, und zwar so, daß das herstellende Verhalten seinem eigenen Sinne entsprechend das Herzustellende aus dem Bezug zum Hersteller entläßt. Es entläßt das herzustellende Seiende und das Hergestellte aus diesem Bezug nicht gegen seine Absicht, sondern gemäß derselben. Das zum herstellenden Verhalten gehörige Seinsverständnis des Seienden, wozu es sich verhält, nimmt im vorhinein dieses Seiende als ein für sich selbst Freizugebendes und Eigenständiges. Das Sein, das im herstellenden Verhalten verstanden wird, ist gerade das Ansichsein des Fertigen.

Zwar bleibt das Verhalten des Herstellens seinem ontologischen Wesen nach als Verhaltung des Daseins zu etwas immer und notwendig ein Verhältnis zum Seienden, aber ein Verhalten so eigentümlicher Art, daß das Dasein im Herstellen sich haltend sich gerade sagt, ob ausdrücklich oder nicht: das Wozu meines Verhaltens ist seiner eigenen Seinsart gemäß nicht an diesen Bezug gebunden, sondern soll gerade durch dieses Verhalten als Fertiges eigenständig werden. Als Fertiges ist es nicht nur faktisch nicht mehr an den Herstellungsbezug gebunden, sondern auch schon als Herzustellendes ist es im vorhinein als aus diesem Bezug zu Entlassendes verstanden.

Sonach liegt in der spezifisch intentionalen Struktur des Herstellens, d. h. in seinem Seinsverständnis, ein eigentümlicher Entlassungs- und Freigabecharakter gegenüber dem, wozu dieses Verhalten sich verhält. Entsprechend schließt Hergestelltheit (Wirklichkeit als Gewirktheit) zwar einen Bezug zum herstellenden Dasein in sich, aber gerade einen solchen, der seinem eigenen ontologischen Sinne entsprechend das Hergestellte als für es selbst freigelassen und so an sich seiend versteht. Dergleichen wie diese charakterisierte Intentionalität des Herstellens und die ihr eigentümliche Art des Seinsverständnisses gilt es einfach zu sehen mit Augen, die durch keine umlaufende Erkenntnistheorie verblendet und schielend


Martin Heidegger (GA 24) Die Grundprobleme der Phänomenologie