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§ 20. Zeitlichkeit und Temporalität
Erkenntnis werden soll. Wie das έπέκεινα bestimmt werden muß, was das ›darüber hinaus‹ besagt, was bei Plato die Idee des Guten bedeutet und in welcher Weise die Idee des Guten dasjenige ist, was Erkenntnis und Wahrheit ermöglichen soll, ist in vieler Hinsicht dunkel. Auf die Schwierigkeiten der Platonischen Interpretation gehen wir hier nicht ein, auch nicht auf den Nachweis des Zusammenhanges der Idee des Guten mit dem, was wir früher über das antike Seinsverständnis, seinen Ursprung aus dem Herstellen, erörterten. Es sieht so aus, als würde unsere These, die antike Philosophie interpretiere das Sein im Horizont des Herstellens im weitesten Sinne, in gar keinem Zusammenhang mit dem stehen, was Plato als die Bedingimg der Möglichkeit des Seinsverständnisses fixiert. Unsere Interpretation der antiken Ontologie und ihres Leitfadens scheint willkürlich zu sein. Was soll die Idee des Guten mit dem Herstellen zu tun haben? Ohne darauf näher einzugehen, geben wir nur den Hinweis, daß die ἰδέα ἀγαθοΰ nichts anderes ist als der δημισυργός, der Hersteller schlechthin. Das läßt bereits sehen, wie die ἰδέα ἀγαθοϋ mit dem ποιεϊν, πράξις, τέχνη im weitesten Sinne zusammenhängt.
c) Die zeitliche Interpretation
des existenziellen eigentlichen und uneigentlichen Verstehens
Die Frage nach der Möglichkeit des Seinsverständnisses stößt auf etwas, was über das Sein hinaus liegt, auf ein ›darüber hinaus‹. Was das Seinsverständnis ermöglicht, werden wir ohne jedes Bild nur dann finden, wenn wir zunächst fragen: Was macht das Verstehen als solches möglich? Ein wesentliches Moment des Verstehens ist der Entwurf; das Verstehen selbst gehört zur Grundverfassimg des Daseins. Wir fragen diesem Phänomen und seiner Möglichkeit weiter nach und erinnern uns hierfür zugleich an Früheres: Verstehen gehört zur Grundverfassung des Daseins; das Dasein aber gründet in der Zeitlichkeit. Inwiefern ist diese die Bedingung der Möglichkeit