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Wahrheit — Dasein — Mit-sein

denn Subjekt heißt bei Leibniz, wie im Grunde auch noch bei Kant, subiectum, das Zugrundeliegende, ύποκείμενον, das, was von sich her ist. Nach Leibniz sind alle Monaden, alle — auch die körperlichen — Substanzen, also die Elementarteilchen eines Körpers, beseelt.

Daß die Monade beseelt ist, heißt: monas hat vis, Drang, nisus; appetitus, repraesentatio. Von Grund aus ist sie einigend, vorweg in Einheit nehmend und haltend, was sie vorstellt; jede Monade spiegelt je das Ganze des Seienden, aber jede von verschiedenem Augenpunkt her und verschieden nach Graden der Wachheit. Es gibt dumpfe, dämmernde, schlafende Monaden, die das Körperliche als solches konstituieren. Von diesen gibt es eine Stufenleiter bis zur Zentralmonade Gott, Gott im Sinne der christlichen Theologie gedacht. Von da aus versteht man, weshalb Leibniz jede Monade als ein speculum vitale, einen lebendigen Spiegel bezeichnet.

Die Monade verschafft sich im Drang selbst, in dem, was und wie sie ist, jeweils diesen Anblick des Ganzen, gesehen aus einem bestimmten Augenpunkt. Sofern jede Monade aus einem bestimmten Augenpunkt von sich aus das Ganze vorstellt, ist sie in gewisser Weise das Universum. Daher bezeichnet Leibniz die Monade als mundus concentratus.

Jede Monade vereinzelt als solche sich selbst; jede Monade ist je für sich das Ganze »bildend«. Auch das Dasein, die Menschen werden als Monaden gefaßt. Aus sich bildend bedürfen sie wesenhaft nicht des Empfangens, in ihrem Wesen liegt keine Receptivität von außen. Monaden haben keine Fenster, weil sie keine brauchen; sie brauchen keine, weil sie alles in sich haben, schlechthin geschlossen sind, nicht offen. Sie bedürfen keines Kommerziums, keines Bezugs zu anderen, sondern in allen ist je das Ganze und alle sind durch das Ganze im Sinne der höchsten Monade als entia creata. »Einfühlung« dagegen gibt der Monade Fenster, ja die Einfühlung ist gleichsam das Fenster.

Dagegen besagt unsere Interpretation mit Leibniz: Die Monade, das Dasein hat keine Fenster, weil sie keine braucht. Aber


Martin Heidegger (GA 27) Einleitung in die Philosophie

GA 27