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Wesensbereich der Wahrheit — Wesen der Wissenschaft

ὁράν ττὰ θεῖα.3 In der Antiochenischen Exegetenschule (die selbst philosophisch wieder unter rein aristotelischem Einfluß stand) ist θεωρία gleich ἱστορία; ἱστορία: Kunde vom Seienden, nicht im besonderen Sinne des »Geschichtlichen«, auch Naturereignisse Erdbeben und dergleichen zählen dazu.

θεωρός gleich ἱστορία ist wissenschaftliche Tatsachenforschung im Gegensatz zu ἀλληγορία als heilsgeschichtlich-mystische Interpretation, Origenes. Typologie σκιά τῶν μελλόντιον opp. σῶμα (das Wirkliche)4.

Die lateinische Übersetzung von θεῖα ist vita contemplativa; templum, τέμνειν, τέμενος (tempus) ist der abgegrenzte Bezirk als Standort des Augur, zugleich das Himmelsgewölbe, an dem er die Bezirke ausgrenzte und die Götterzeichen bestimmte. Contemplari heißt: »den heiligen Bezirk auf der Erde und am Him mel mit dem Blick umfassen«. Später ist der Himmel nicht das Letzte, sondern Gott; darum heißt es nun: Betrachten und Anschauen Gottes, Versenkung in das Licht der Gottheit. Contemplari wird zu einem spezifisch religiösen und theologischen Ausdruck; vita comtemplativa und vita activa bezeichnen religiöse Verhaltungen.

Thomas von Aquin: Contemplatio aliquando capitur stricte pro actu intellectus divina meditantis et sie contemplatio est sapientiae actus, alio modo communiter pro omni actu, quo quis a negotiis exterioribus sequestratus soli deo vacat, quod quidem contingit dupliciter, vel inquantum homo Deum loquentem in


3 A.a.O., Prooem., pag. 3, 19.

4 Vgl. H. Kihn, Über θεωρός und ἀλληγορία nach den verlorenen hermeneutischen Schriften der Antiochier. Theolog. Quartalsschrift LXII (1880), S 531-558); vgl. H. Kihn: Theodorus Magnesia und Innitius Afr. als Exegeten 1880. Instituta regularia divinae legis (Bdtg.-f.M.A.)

Literatur: Paul Boesch, »θεωρός«. Untersuchungen zur Epangelie griechischer Feste. Diss. Berlin 1908. Franz Boll, Vita contemplativa. (Sitzungsber. d. Heidelb. Akademie der Wissenschaften, Phil. hist. Klasse, Jg. 1920, Abh. 8, bes. S. 23 ff.) — Georg Curtius bringt in seinen »Grundzügen der griechischen Etymologie« (4. Aufl., Leipzig 1873, 253) (θαf mit dem dorischen θαμαι θαέομαι, θεάομαι »Staunen« in Verbindung.

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