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§ 41. Zwei Grundmöglichkeiten der Weltanschauung 376

keiten des Halt-nehmens. Die Indifferenz der Haltlosigkeit und des Haltes, die Herrschaft des Betriebs macht offenkundig, daß die Mittel und Wege der Bergung versagen, wenn die Ungeborgenheit als solche nicht mehr selbst im Dasein da ist, sondern gleichsam zugedeckt durch den Betrieb. Das Nichtmehrdasein der Ungeborgenheit des Daseins besagt aber, daß es sich selbst verloren hat. Es dämmert die Erkenntnis, daß schon in jenem Ausgeliefertsein an die Übermacht des Seienden und in jenem sogenannten Haltgewinnen, d.h. in der Ungeborgenheit als Bergung zeitigend, ein ursprüngliches Sein des Daseins umwillen seiner selbst lag, das ihm freilich gleichsam, und zwar in einer echten Weise, abgenommen war durch die ursprünglich gezeitigte Bergung.

Nunmehr ist das Dasein zwar auch ausgeliefert, aber an den Betrieb, und so, daß die Ungeborgenheit scheinbar geschwunden ist. Das Ausgeliefertsein an den Betrieb heißt aber, daß das Dasein überhaupt nicht mehr eigentlich sich in sich selbst hält, d.h. daß es sich vordem schon, wenngleich dunkel, sich in sich selbst gehalten und trotz allem auf sich selbst gestellt hatte. Mit dem Schwinden der Ungeborgenheit und mit der Veräußerlifchung der Bergung zum Betrieb stellt sich notwendig das ein, was wir als Leere des Daseins bezeichnen, als Verlorenheit, Sichentgleiten — das Dasein selbst wird Opfer des Betriebs: Überall, wo Betrieb das Wesentliche ist, ist versteckterweise eine Leere des Daseins da, die eben durch die Geschäftigkeit des Betriebs ständig beseitigt werden soll.

Aber die Frage ist wieder, wie kommt es hier überhaupt zum Offenbarwerden des sich in sich selbst Haltens? Es kommt durch den Betrieb selbst; er bekundet als Geschäftigkeit eine gewisse freie Möglichkeit des Daseins, in seinem Verhalten (sich auf sich selbst zu stellen), und dieses weckt zugleich die Erinnerung an die Möglichkeit des in sich selbst sich Haltens.

So offenbart der Betrieb das Fehlen des eigentlichen Esselbst-seins des Daseins, was wir bezeichnen als Haltung, und zwar in doppelter Weise: 1. Offenbarwerden des Sich-entgleitens,


Martin Heidegger (GA 27) Einleitung in die Philosophie

GA 27