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§ 42. Weltanschauung als Haltung

einzugehen. — Sofern, nun aus ganz anderen Motiven [. . .]* aus dem Grundproblem cfer Philosophie und ihres Wissens heraus das Dasein eine ausgezeichnete Funktion erhält und diese konkret dargestellt wurde, wird sie zwangsläufig — in eine dieser Formen umgesetzt — in einer Schublade untergebracht und dann unschädlich.

Für uns ist wichtig: In diesen entarteten Formen der Haltung bekundet sich jeweils ein gewisser Vorrang des Daseins; das weist darauf hin, daß zum Wesen dieser Weltanschauung als Haltung ein Wesentlichwerden des Selbst gehört. Allein das Einfache ist klar zu sehen, daß, wenn das Selbst wesentlich wird, es zunächst gar nicht wichtig ist, welche Betulichkeit dem Menschen gegenüber in Szene gesetzt, welche Gebärde ihm angedichtet [?] und welche Existenz für ihn erdacht wird, sondern wesentlich ist offenbar das Sein des Selbst und die Möglichkeit, dieses geschehen zu lassen.

In all diesen Formen der Haltung ist das menschliche Leben im Grunde verstanden als ein Gèschâft, das entweder durch psychologische Betulichkeit oder neuhumanistische Gebärde oder aber durch die widersinnige Zappelei eines sogenannten existenziellen Denkens in Gang gehalten werden soll. Was für den vorliegenden Zusammenhang einer allgemeinen Charakteristik der Haltung wichtig bleibt, ist, zu sehen, daß zum Wesen der Weltanschauung als Haltung gehört, daß das Dasein ausdrücklich wird, »ausdrücklich« nicht primär in dem Sinn, daß es beachtet, beobachtet und besonders bekannt werde, sondern Ausdrücklichkeit als ein Charakter seines Seins. Das Sein des Daseins bekommt für es eine Schärfe.

Wo mythisches Dasein nur noch in der schwachen Erinnerung und Übermalung der Haltung, ausdrücklich aber nicht die Existenz des Menschen bestimmt, da gilt das Leben des Menschen nur soweit, als es jeweils in sich Dasein aufbringt.

Die Grundverfassung des Daseins liegt aber in der Transzendenz.


* [Ein Wort unleserlich.]


Martin Heidegger (GA 27) Einleitung in die Philosophie

GA 27