In der Philosophie selbst meldet sich der Zug zur Metaphysik in einer eigentümlichen Umstellung der Einschätzung der großen Denker. Neukantianismus: Kant, Descartes, Plato. Deutscher Idealismus: Leibniz, Plotin, Aristoteles; rückwirkend auf die Einschätzung von Kant (Marburger) und Descartes (Scholastik), Leibniz.
Auch hier: daß Metaphysik gesucht und über Metaphysik geschrieben wird ohne Durchsichtigkeit ihres Wesens und ihres Ursprungs aus dem Philosophieren selbst. Zwar eine reiche Geschichte in der abendländischen Philosophie, aber ungehoben und schulmäßig gedeutet. Wir müssen daher versuchen, uns ganz allgemein den Begriff der Metaphysik klarzumachen, und zwar aus zwei Gründen: 1. weil wir nur dann — wenngleich im Rohen zunächst — den inneren Zusammenhang der beiden Tendenzen erörtern können; 2. weil wir nur im Lichte dieses Begriffes bzw. seiner ursprünglicheren Ausarbeitung Ansatz, Ziel, Recht und Grenze der Philosophie im deutschen Idealismus verstehen können.
b) Zum Begriff der Metaphysik
Μετά und φυσικά2. Φυσικά: solches, was die φύσις betrifft; φύσις — das Wachstum, das Wachsende und Gewachsene; dasjenige, was ohne unser Zutun von selbst sich eingestellt hat, ohne daß wir es herstellen; alles Seiende, was wir immer schon vorfinden, und in das wir hineingeraten durch unsere Geburt, und inmitten dessen wir danach aufwachsen und da-sind (natura — nasci: geboren werden, entstehen, entspringen, wachsen).
Φύσις: das Seiende im Ganzen, ›Natur‹ aber nicht in dem Sinne eben, wonach es [das Wort φύσις] den Gegenbegriff zur
2 Vgl. die verbesserte Darstellung WS 29/30, S. 12ff. - Anm. d. Hg.: Die Grundbegriffe der Metaphysik, Freiburger Vorlesung WS 1929/30, hrsg. v. Friedrich-Wilhelm von Herrmann, GA Bd. 29/30, Frankfurt a. M. 1983, S. 36ff.