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Dritte Form der Langeweile

Verwandtschaft alles wesentlichen Handelns im Ganzen - sei es als Kunst, Philosophie oder Religion -gilt von der Philosophie, was dem Dichter gilt: Bilde Dichter, rede nicht.

So haben wir bereits hier wieder -wie überall -leicht zuviel über die Philosophie geredet. Wir sind nie sparsam genug in solchem Reden über die Philosophie, nie handelnd genug im Philosophieren. Nur wenn wir es aus dem Philosophieren selbst erfahren, werden wir mit ihrem Wesen vertraut. Aber wir erfahren das nicht durch Lesen und Rezensieren von philosophischer Literatur, sondern durch die Anstrengung des Versuchens.

Dieses muß uns dahin bringen, daß wir einen Philosophen besser verstehen, als er sich selbst verstand. Das heißt aber nicht, daß wir ihn maßregeln und ihm vorrechnen, von welchen Vorfahren er abhängig ist, sondern daß wir imstande sind, ihm mehr zuzugeben, als er selbst im Besitz hatte. Wer die innere Freiheit dazu nicht aufbringt, als Philosoph ein solcher Mensch zu sein, zu dessen Wesen es gehört, besser verstanden werden zu mÜ&Sen als er sich selbst versteht, an dem ist die Philosophie trotz aller philosophischen Gelehrsamkeit vorbeigegangen. Philosophie ist nur da, um überwunden zu werden. Aber das kann sie nur, wenn sie erst steht, und kann es um so wesentlicher, je tiefer der Widerstand ist, den sie durch ihr Dasein aufbringt. Die überwindung aber geschieht nicht durch Widerlegung im Sinne des Nachweisens von Unrichtigkeiten und Irrtümern. Ob wir diese innere Freiheit der philosophischen Auseinandersetzung und Aussprache wiedergewinnen, in welchem Ausmaße sie überhaupt je in einer Zeit verwirklicht werden kann, das vermag objektiv niemand zu sagen. Das entbindet aber nicht von der Anstrengung, das zu begreifen und in der rechten Weise, d. h. immer indirekt, darauf aufmerksam zu machen.

Warum weisen wir aber jetzt gerade auf solches, d. h. auf das Problem der Wesentlichkeit des philosophischen Fragens hin, an dieser Stelle, wo wir scheinbar zu einem relativen Abschluß der Auslegung des Wesens der Langeweile gekommen sind? Um den Schein abzuwehren, als hätten wir jetzt die Langeweile