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Thematische Exposition des Weltproblems

des aufweisenden, Sein-aussprechenden Entbergens und Verbergens? Wenn wir auf diese Fragen geantwortet haben, werden wir sehen, wie auch hier wie überall in der Philosophie dieses triviale und elementare und nach allen möglichen Richtungen schon zu Tode gehetzte Phänomen des Urteils und der Aussage uns mit einem Schlage zurückbringt in eine Dimension, die keine andere ist als die Weite und Unheimlichkeit, in die uns die Interpretation der Grundstimmung zunächst bringen sollte.

Bevor wir das jetzt angezeigte Problem verfolgen, vergegenwärtigen wir uns noch einmal den Problemzusammenhang. Wir haben zunächst die Interpretation der Kopula an Hand des Beispiels: die Tafel ist schwarz, zu Ende gebracht, indem wir eine wesentliche Bedeutung hervorhoben, die wir durch die Formulierung: Sein gleich Wahrsein, kennzeichneten. Dieses Sein im Sinne des Wahrseins wird in jedem Satz mitgemeint, mag der Satz das Sein aussprechen im Sinne des Vorhandenseins oder des So-und-so-beschaffenseins oder gar der wesentlichen Beschaffenheit. Dieses Wahrsein ist in einem merkwürdigen Sinne mit den drei vorgenannten Bedeutungen des Seins verklammert, so daß sich eine eigentümliche Einheit von dem, was in sich zusammengehört, bekundet. Genauer, wir müssen fragen, warum diese Vieldeutigkeit der Kopula besteht und worin der Grund ihrer Einheit liegt. Diese Vieldeutigkeit der Kopula erkannten wir ganz allgemein als das positive Wesen derselben, das sich zumeist in dieser merkwürdigen Indifferenz und Universalität ausdrückt, die die Veranlassung zu verschiedenen, aber in sich einseitigen Theorien ist. Die Kopula selbst hat Aristoteles, ohne, die Vieldeutigkeit zu sehen, auf eine σύνθεσις zurückgeführt. Die Struktur-momente des λόγος, die wir vor der Analyse des λόγος betrachteten, χατάφασις und ἀπόφασις, ἀληθές und ψεῦδος, werden ebenfalls auf eine σύνθεσις bzw. διαίρεσις zurückgeleitet. Wir sagten, diese dem λόγος zugrundeliegende σύνθεσις ist vermutlich diejenige Beziehung, in der dasjenige gründet, wonach


Martin Heidegger (GA 29/30) Die Grundbegriffe der Metaphysik