nennen und das je wieder, nach Tiefgang und Tragweite grundverschieden, klein und groß sein kann. Aber auch dieser Charakter des Heiligen erschöpft nicht das Wesen der hier waltenden Grundstimmung. Wir erfahren das, wenn wir das in der Trauer schwingende Klagen nicht als abgesondertes Rufen nehmen, sondern so, wie es sich selbst versteht: als klagend ›mit den heimatlichen Wassern‹. Klage und damit erst recht die Trauer klagen und trauern ›mit‹ der Heimat. Was meint das? Etwa, daß der Dichter seine seelischen Gefühle in die Naturvorgänge, das Fließen des Wassers, das Rauschen des Waldes und dergleichen hineindeutet und so das unsinnliche Innere des Erlebens durch sinnlich faßbares Äußeres versinnbildlicht? Wir werden nach allem bisher Gesagten kaum noch geneigt sein, auf so leichte Art mit der Dichtung fertig zu werden und überhaupt in dieser Richtung zu fragen. Das ›ich‹, das da sagt, klagt mit der Heimat, weil dieses Ich-Selbst, sofern es in sich steht, sich gerade erfährt als zur Heimat gehörig. Heimat — nicht als der bloße Geburtsort, auch nicht als nur vertraute Landschaft, sondern als die Macht der Erde, auf der der Mensch jeweils, je nach seinem geschichtlichen Dasein, »dichterisch wohnet«1. Diese Heimat hat es gar nicht erst nötig, daß Stimmungen in sie verlegt werden, weil sie gerade stimmt, und um so unmittelbarer und ständiger stimmt, als der Mensch in einer Grundstimmung dem Seienden von Grund aus offen steht. Das In-sich-selbst-stehen der Trauer ist ein Offenstehen dem Walten dessen, was den Menschen durchstimmt und umfängt. Das Land liegt voller Erwartung unter dem Gewitterhimmel, die ganze heimatliche Nato liegt in dieser herabgesenkten Umschattung. In solcher Heimat erfährt sich der Mensch erst als zugehörig der Erde, die er nicht einfühlungsmäßig seinen Stimmungen dienstbar macht, sondern umgekehrt: aus der her ihm erst erfahrbar wird, daß es mit der vereinzelten Ichheit, die sich zuerst allem gegenüberstellt,
1 In lieblicher Bläue ..., VI, 25, V. 32.