nicht kennt, kann mit dem eigentlichen Geschehen in der Geschichte eines Volkes im innigsten Einklang stehen. Es kann sogar dessen Vorklang sein. Was unzeitgemäß ist, wird seine eigenen Zeiten haben. Das gilt von der Philosophie. Daher läßt sich auch nicht an sich und allgemein ausmachen, was Aufgabe der Philosophie ist und was demzufolge von ihr gefordert werden muß. Jede Stufe und jeder .Anfang ihrer Entfaltung trägt in sich das eigene Gesetz. Nur was die Philosophie nicht sein und leisten kann, läßt sich sagen.
Eine Frage wurde ausgesprochen: »Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?« Diese Frage wurde als die erste in Anspruch genommen. Es wurde erläutert, in welchem Sinne sie als erste gemeint ist.
Wir haben die Frage also noch gar nicht gefragt. Wir bogen sogleich ab in eine Erörterung über diese Frage. Diese Verständigung ist nötig. Denn das Fragen dieser Frage läßt sich mit dem Gewohnten nicht vergleichen. Von diesem her gibt es keinen allmählichen Übergang, durch den die Frage langsam vertrauter werden könnte. Sie muß daher im voraus gleichsam vor-gestellt werden. Andererseits dürfen wir bei dieser Vor-stellung und dem Reden über die Frage nicht das Fragen aufschieben und gar vergessen.
Wir schließen deshalb mit den Erörterungen dieser Stunde die Vorbemerkung.
Jede wesentliche Gestalt des Geistes steht in der Zweideutigkeit. Je unvergleichlicher mit anderen sie bleibt, um so vielfältiger ist die Mißdeutung.
Die Philosophie ist eine der wenigen eigenständigen schöpferischen Möglichkeiten und zuweilen Notwendigkeiten des menschlich-geschichtlichen Daseins. Die umlaufenden Mißdeutungen der Philosophie, die zudem alle doch wieder mehr oder minder entfernt etwas treffen, sind unübersehbar. Hier sollen nur zwei genannt werden, die für die Klärung der heutigen und künftigen Lage der Philosophie wichtig sind.
Die eine Mißdeutung besteht in einer Überforderung des