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§ 5. Entfaltung der Grundfrage

Wenngleich so der Fragesatz nicht die Frage ist und nicht das Fragen, so darf doch der Fragesatz auch wieder nicht als bloße sprachliche Mitteilungsform gefaßt werden etwa in dem Sinn, als sei der Fragesatz nur eine Aussage »über« eine Frage. Wenn ich zu Ihnen spreche: »Warum ist überhaupt Seiendes und nicht vielmehr Nichts?«, dann ist die Absicht meines Fragens und Sagens nicht, Ihnen eine Mitteilung davon zu machen, daß jetzt in mir ein Vorgang des Fragens abläuft. Zwar kann der gesprochene Fragesatz auch so aufgefaßt werden, dann wird das Fragen jedoch gerade überhört. Es kommt zu keinem Mitfragen und Selbstfragen. Es erwacht nichts von einer Fragehaltung oder gar einer fragenden Gesinnung. Diese aber besteht in einem Wissen-wollen. Wollen — das ist kein bloßes Wünschen und Streben. Wer zu wissen wünscht, fragt scheinbar auch; aber er kommt über das Sagen der Frage nicht hinaus, er hört gerade dort auf, wo die Frage beginnt. Fragen ist Wissen-wollen. Wer will, wer sein ganzes Dasein in einen Willen legt, der ist entschlossen. Die Entschlossenheit verschiebt nichts, drückt sich nicht, sondern handelt aus dem Augenblick und unausgesetzt. Ent-schlossenheit ist kein bloßer Beschluß zu handeln, sondern der entscheidende, durch alles Handeln vor- und hindurchgreifende Anfang des Handelns. Wollen ist Entschlossensein. [Das Wesen des Wollens wird hier in die Ent-schlossenheit zurückgenommen. Aber das Wesen der Ent-schlossenheit liegt in der Ent-borgenheit des menschlichen Daseins für die Lichtung des Seins und keineswegs in einer Kraftspeicherung des »Agierens«. Vgl. Sein und Zeit § 44 und § 60. Der Bezug zum Sein aber ist das Lassen. Daß alles Wollen im Lassen gründen soll, befremdet den Verstand. Vgl. den Vortrag »Vom Wesen der Wahrheit« 1930.]

Wissen aber heißt: in der Wahrheit stehen können. Wahrheit ist die Offenbarkeit des Seienden. Wissen ist demnach: in der Offenbarkeit des Seienden stehen können, sie bestehen. Bloße Kenntnisse haben, und seien sie noch so umfangreich, ist kein Wissen. Auch wenn diese Kenntnisse durch Studienordnungen