abgestorben seien. Damit ist das Überlebende noch nicht verständlich gemacht, denn durch bloßes Absterben entsteht nichts; und die Einheitlichkeit der verbalen Abwandlungen in der Konjugation des Zeitwortes »seyn« ist doch nicht nichts. Die Grundbedeutungen der Stammworte können aber wesentliche Anweisungen geben, gesetzt, daß wir zuvor eine zureichende Fragestellung haben und nicht vergessen, daß die Frage nach dem Ursprung der Sprache hier wesentlich hineinspielt, daß aber diese Frage ihrerseits eine metaphysische ist. Gerade die Sprachwissenschaft kann die Frage nach dem Ursprung der Sprache gar nicht stellen, geschweige denn beantworten; sie kann immer nur unter der Leitung einer schon mehr oder minder ausdrücklich gefaßten Ursprungsvorstellung die sogenannten sprachlichen Tatsachen aufsuchen, sammeln und auslegen.
Was ist nun das Ergebnis der etymologischen Betrachtung bezüglich des Wortes »Seyn«? Im Grunde doch dasselbe wie bei der Betrachtung der Wortform. Der substantivierte Infinitiv ist gleichsam die endgültige Fassung der allgemeinsten, abstrakten Bedeutung des Wortes, und die Etymologie zeigt, daß sich die anfänglich bestimmten Bedeutungen vermischt und in eben jene allgemeine Bedeutung verwischt haben, die der Infinitiv ausdrückt. So kann man die Sachlage sehen und man kann gemäß dieser Sicht die ganze Erörterung des Wortes Seyn jetzt erst recht als unergiebig zurückweisen. Aber wir müssen nicht so vorgehen. Die inzwischen schon aufgerollten Fragen haben uns stutzig gemacht. Und diese Fragen werden noch bedrängender, wenn wir festhalten, daß j a doch die ganze Grammatik fragwürdig ist hinsichtlich ihrer Eignung zu einer ursprünglichen Auslegung des Wesens der Sprache, im besonderen die Auffassung der sogenannten Infinitivform !
Am Ende ist die Betrachtung der Wortform ebenso wie dies Aufsuchen der Stammbedeutungen von entscheidender Wichtigkeit, nur daß die Art, wie das geschieht, unfruchtbar bleibt und alles Urteilen irreführt und das rechte Fragen verhindert.