Wesens und für dieses — mit Kant zu reden — »die freie Gunst« schenken. Nietzsche sagt an anderer Stelle (XIV, 134): »Das >Los-sein von Interesse und ego< ist Unsinn und ungenaue Beobachtung: — es ist vielmehr das Entzücken, jetzt in unserer Welt zu sein, die Angst vor dem Fremden loszusein!«
Gewiß ist das »Los-sein von Interesse« im Sinne der Schopenhauerschen Deutung Unsinn, und genau das, was Nietzsche bezeichnet als das Entzücken, in unserer Welt zu sein, ist jenes, was Kant meint mit der »Lust der Reflexion«. Auch hier gilt — wie beim Begriff »Interesse« —: daß diese Kantischen Grundbegriffe »Lust« und »Reflexion« aus der Kantischen philosophischen Arbeit und ihrem (transzendentalen) Vorgehen erläutert und gefaßt und nicht nach irgendwelchen beliebig herzugebrachten Alltagsvorstellungen zurechtgebogen werden. Das Wesen der »Lust der Reflexion« als des Grundverhaltens zum Schönen hat Kant am tiefsten auseinandergelegt in den §§ 57 und 59 der »Kritik der Urteilskraft«.
Nach der sehr »ungenauen Beobachtung«, mit der Nietzsche das Wesen des Interesses begreift, müßte er das, was Kant »die freie Gunst« nennt, als ein Interesse höchsten Grades bezeichnen, und damit wäre ja dann von Kants Seite ebendas erfüllt, was Nietzsche vom Verhalten zum Schönen fordert. Allein, indem Kant das Wesen des Interesses schärfer begreift und deshalb das Interesse aus dem ästhetischen Verhalten ausschließt, macht er dieses nicht zu einem Gleichgültigen, sondern im Gegenteil, er schafft so die Möglichkeit, daß dieses Verhalten zum schönen Gegenstand um so reiner und inniger sei. Und nicht nur dieses; Kants Auslegung des ästhetischen Verhaltens als »Lust der Reflexion« dringt in einen Grundzustand des Menschseins vor, in dem der Mensch erst zur gegründeten Fülle seines Wesens kommt. Es ist jener Zustand, den Schiller als die Bedingung der Möglichkeit des geschichtlichen, geschichtegründenden Daseins des Menschen begriffen hat.
Das Schöne ist nach den angeführten Erklärungen Nietzsches dasjenige, was uns und unser Verhalten und Vermögen