gesetzt, daß wir den Anspruch erheben, über die Wahrheit mit anderen und mit uns selbst verständigt zu sein.
§ 6. Die überlieferte Bestimmung der Wahrheit ah Richtigkeit
Eine Aussage bzw. die in ihr niedergelegte Erkenntnis ist wahr, sofern sie sich, wie man sagt, nach ihrem Gegenstand richtet. Wahrheit ist Richtigkeit. In der frühen Neuzeit noch und vor allem im Mittelalter heißt diese rectitudo auch adaequatio (Angleichung) oder assimilatio (Anähnlichung) oder convenientia (Übereinkunft). Diese Bestimmungen gehen auf Aristoteles zurück, mit dessen Philosophie die große griechische Philosophie zu ihrem Ende kommt. Aristoteles faßt die im λόγος (Aussage) beheimatete Wahrheit als ὁμοίωσις (Angleichung). Das Vorstellen (νόημα) gleicht sich an das an, was es zu erfassen gilt. Die vorstellende Aussage über den harten Stein und das Vorstellen überhaupt ist doch etwas »Seelisches« (ψυχή), »Geistiges«, jedenfalls nichts von der Art des Steins. Wie soll sich das Vorstellen diesem angleichen? Die Vorstellung soll doch nicht und kann auch nicht etwas Steinernes werden, und sie müßte im entsprechenden Fall einer Aussage über den Tisch hölzern und im Vorstellen des Flusses etwas Flüssiges werden. Dennoch — gerade das Vor-stellen muß sich an das jeweilige Seiende angleichen, nämlich als Vor-stellen muß es das Begegnende vor uns hin-stellen und hingestellt halten. Das Vor-stellen (d. h. das Denken) richtet sich nach dem Seienden, um es in der Aussage so erscheinen zu lassen, wie es ist.
Der Bezug des Vorstellens zum Gegenstand (άντικείμενον) ist die »natürlichste« Sache von der Welt, so daß man sich fast scheut, davon noch eigens zu reden. Deshalb vermag gerade der unverdorbene, durch »Erkenntnistheorie« nicht kopfscheu gemachte Blick auch gar nicht einzusehen, was an dieser Bestimmung der Wahrheit als Richtigkeit denn unrichtig oder auch nur fragwürdig sein soll. Gewiß — in den vielfachen Bemühungen