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Not und Notwendigkeit des ersten Anfangs

falten kann. Der Fassende und Vernehmende muß dem zu Fassenden
so gemäß werden, daß dieses, das Seiende selbst, gefaßt,
aber so gefaßt ist, daß es dadurch gerade zu seinem eigenen
Wesen entlassen wird, um in sich selbst zu walten und deshalb
auch den Menschen zu durchwalten. Das Seiende, das die Griechen
φύσις nennen, muß in der άλήΦεια stehen. Damit rühren
wir nur wieder an jenes Verborgenste: daß das Fassen ein Leiden
ist.
Und wie anders sollen wir auch verstehen, inwiefern die beiden
größten und bekanntesten Denker der griechischen Frühzeit,
Heraklit und Parmenides, in ihren Grundstellungen zusammengehören.
Wenn Heraklit sagt: das Seiende ist das im
λόγος - in der vorgreifenden Gesammeltheit - Eine und Einzige,
und wenn Parmenides lehrt: das Seiende ist das im νοεῖν
- im Vernehmen - Vernommene, so liegt im vernehmenden
Vorgriff der Sammlung angezeigt: das Fassen, das ein Leiden
ist als ein Verwandeltwerden des Menschen.
Das ursprüngliche Gemäßwerden ist deshalb gerade nicht
eine Angleichung in dem Sinne, daß der Mensch einfach φύσις
sei, sondern im Gegenteil ein sich Unterscheiden, aber ein gemäßes,
d. i. ein solches, das sein Maß, die φύσις, festhält und
demgemäß sich verhält und das Verhalten einrichtet. Wenn anders
der Mensch gerade nicht das Seiende im Ganzen selbst ist,
wohl aber der in das Inmitten des Seienden Versetzte als der
Bewahrer seiner Unverborgenheit, dann kann sich dieses Vernehmen
und Bewahren nicht wieder als φύσις bestimmen, sondern
es muß das der φύσις gemäße, sie freigebende und doch
fassende Andere sein.
Und was ist das? Welches ist die Grundhaltung, in der sich
die Bewahrung des Er-staunlichen, der Seiendheit des Seienden,
entfaltet und zugleich aber auch festlegt? Wir haben es in
dem zu suchen, was die Griechen die τέχνη nennen. Von diesem
griechischen Wort müssen wir aber das heute gebräuchliche
und sprachlich davon abgeleitete Wort »Technik« und alle Bedeutungszusammenhänge,
die der Name »Technik« denkt,