Wiederholung
1) Das Sein als Werden begreifen und im Werden das Sein finden -der Weg zu Nietzsches Willen zur Macht
Wertschätzung ist Ansetzung von Bedingungen für das Leben durch das Leben; das Leben selbst ist wertschätzend, und das Leben wird dann das Beständige als den höheren Wert setzen, d. h. als die eigentliche Bedingung seines eigenen Wesens, wenn es zuvor und überall dem Leben bloß auf Selbsterhaltung und unterschiedslose Fortdauer, kurz auf Beständigkeit ankommt. Jene metaphysische Grundunterscheidung, genauer und zunächst die in ihr vollzogene Auslegung des Wahren und des Scheinbaren, entspringt somit einer bestimmten, d. h. einer gegen andere abgesetzten, Selbsteinschätzung des Lebens. Denn es ist nicht absolut und unbedingt auszumachen, daß und warum das Beständige vor dem Bestandlosen den Vorrang haben soll; weshalb nicht die umgekehrte Wertschätzung möglich sein soll: »Gegen den Wert des Ewig-Gleichbleibenden ... den Wert des Kürzesten und Vergänglichsten, das verführerische Goldaufblitzen am Bauch der Schlange vita-« (WzM n. 577).
Kommt es zu dieser Wertschätzung, wird also die Platonische umgekehrt, ist das Wechselnde und Werdende, das kurz Aufscheinende und wieder Verlöschende »die wahre Welt«, dann wird das Platonisch gedachte» Wahre« -das Beständige -zum Scheinbaren: Wahrheit ist dann Illusion. Wenn Nietzsche somit das Wahre mit dem Seienden gleich-und das Seiende als das Beständige ansetzt, die Wahrheit aber als Illusion begreift und Illusion im Sinne des Scheinbaren von niedrigerem Rang sein läßt, dann muß sich sein Denken für das »verführerische Goldaufblitzen am Bauch der Schlange vita«, für das Fliehendste und Flüchtigste im Leben als das Höchste entschieden haben. Wahrheit im Sinne des Beständigen und Festen ist dann nicht der höchste Wert. Ist sie überhaupt noch ein Wert -und wenn ja, inwiefern ist die VVahrheit dann noch eine Bedingung des