doch, bevor wir urteilen, sorgfältiger auf das, was dichterisch vom Strom gesagt wird.
5. Der Strom als Ortschaft des Aufenthaltes des Menschen
Nach dem Wort der Isterhymne (Vers 15): »Hier aber wollen wir bauen«, bestimmt der Strom die Wohnstatt des Menschen auf der Erde. »Wohnen« ist technisch praktisch gesehen das Innehaben einer Unterkunft und einer Behausung. Solches gehört zwar zum Wohnen, erfüllt aber und begründet nicht sein Wesen. Das Wohnen nimmt einen Aufenthalt und ist ein Innehalten des Aufenthaltes, und zwar des Menschen auf dieser Erde. Der Aufenthalt ist ein Verweilen. Er bedarf der Weile. In ihr findet der Mensch die Ruhe. Dabei meint Ruhe nicht das Aufhören der Tätigkeit und den Fortfall der Störung. Ruhe ist das gegründete Beruhen in der Beständigkeit des eigenen Wesens. In der Ruhe ist das Wesen des Menschen in seiner Unverletzlichkeit aufbewahrt. Die Unverletzlichkeit und Heiligkeit eines Ortes heißt griechisch ἡ ἀσυλία. Hölderlin spricht (V, 271) von den »Asylen«, den Ruhestätten der Menschen; das sind nicht eben die Gräber, sondern die Orte, an denen das Wirken und Leben der Natur »sich concentriert«, »ein Ahnendes« um den Menschen kommt. Der Aufenthalt hat seinen Ort. Die Weise, wie der Ort den Aufenthalt bestimmt, die Art, wie der Ort jeder Ort ist, nennen wir die Ortschaft des Ortes. Die Ortschaft des Ortes verschenkt die Ruhe des Aufenthaltes. »Hier aber wollen wir bauen«, hier an diesem Strom.
Der Strom »ist« die Ortschaft, die den Aufenthalt des Menschen auf der Erde durchwaltet, ihn dahin bestimmt, wohin er gehört und wo er heimisch ist. Der Strom bringt so den Menschen ins Eigene und behält ihn im Eigenen. Das Eigene ist dasjenige, dem der Mensch zugehört und zugehören muß, wenn er das erfüllt, was ihm, als seine Art zu sein, geschickt